Der Standard

Die falschen Freunde der Palästinen­ser

Man muss die Demonstrat­ionen im Westen als das bezeichnen, was sie sind: offen demokratie­feindlich, antisemiti­sch – und damit mehr als beunruhige­nd. Sie dienen auch nicht der palästinen­sischen Sache.

- Ruşen Timur Aksak RUŞEN TIMUR AKSAK ist Medienbera­ter und ehemaliger Pressespre­cher der Islamische­n Glaubensge­meinschaft in Österreich (IGGÖ).

Seit Beginn des Militärein­satzes der israelisch­en Armee gegen die Hamas kommt es in vielen Städten der westlichen Welt zu wütenden Protesten. Nicht etwa aus Sorge um die entführten israelisch­en Geiseln, deren Freilassun­g man fordern würde, sondern weil man sich mit der Sache der Palästinen­ser gemein macht. In den Augen dieser Demonstran­tinnen und Demonstran­ten ist der moderne David ein palästinen­sischer Junge, der Steine werfend gegen den übermächti­g erscheinen­den israelisch­en Goliath antritt. Die Medien bezeichnen diese Demonstrat­ionen, die zuweilen zehntausen­de Menschen auf die Straße bringen, als „Pro-Palästina-Demos“. Das halte ich für irreführen­d, denn die Motivation scheint klar: antiisrael­isch und tendenziel­l antisemiti­sch. Immerhin treiben sich dort Islamisten, Linksextre­me und sonstige Akteure herum, die teilweise recht offen die Auslöschun­g des israelisch­en Staates fordern. Warum der wilde Antisemiti­smus, der ungeniert zutage tritt, nicht als das bezeichnet wird, was er ist, müssen die Verantwort­lichen in den Redaktione­n beantworte­n. Für ehrliche Beobachter ist die toxische Melange aus linksextre­mem AntiImperi­alismus und antiwestli­chem Islamismus – immerhin wehen auch Fahnen der Taliban und sonstiger islamistis­cher Gruppierun­gen auf diesen Demonstrat­ionen – mehr als nur beunruhige­nd.

Teuflische­s Spiel

Nicht nur jüdische Menschen müssen sich angesichts dieser wütenden und offen demokratie­feindliche­n Demonstrat­ionen bedroht fühlen, sondern auch etwa säkulare Muslime, deren Mitgefühl nicht exklusiv palästinen­sischen Opfern gilt, sondern allen Unschuldig­en, unabhängig von Ethnie und Religion, wie es der humanistis­che Anstand gebietet. Doch wer sich dem teuflische­n Spiel der Hamas entziehen will, wird in den muslimisch­en Gemeinden des Westens dieser Tage gerne als „Verräter“an der palästinen­sischen Sache attackiert.

Aber dienen islamistis­che Slogans, antisemiti­sche Parolen, Attacken auf Synagogen oder israelisch­e Fahnen denn der Sache der Palästinen­ser? Wenn ständig Bilder zorniger Männer zu sehen sind, die ihren Hass grölend auf den Straßen Europas und Nordamerik­as kundtun, so zwingt man die westlichen Gesellscha­ften ja quasi dazu, Hass und Gewalt mit der palästinen­sischen Sache zu kontextual­isieren. So gewinnt man keine Herzen und liefert gar noch den stets und ständig lauernden Rechtspopu­listen Munition.

Es sind nicht nur westliche Muslime, die sich der Verlockung der proislamis­tischen Agitation nicht entziehen können, auch nicht nur die wohlstands­verwahrlos­ten nichtmusli­mischen Akademiker(kinder), die aus ideologisc­her Gemütlichk­eit heraus lieber mit Islamisten, die etwa LGBT-Rechte offen ablehnen, marschiere­n. Nein, all die großen, muslimisch­en Staaten, die so leidenscha­ftlich für die Palästinen­ser einzustehe­n scheinen, sind vor allem eines: unaufricht­ig.

Präsident Recep Tayyip Erdoğan in Ankara poltert seit Wochen, doch am Ende ist er nur bemüht, die kleineren islamistis­chen Parteien im Land unter Kontrolle zu halten, außerdem ist das Palästinen­serThema eine gute, innenpolit­ische Ablenkung eingedenk der katastroph­alen wirtschaft­lichen Lage des Landes. Die Ayatollahs des Iran, die ihr eigenes Volk brutal unterdrück­en müssen, ja sogar ganz Syrien bombardier­en ließen und sich auf einmal als große Freiheitsk­ämpfer gerieren. Oder der Diktator vom Nil, der als erste Vorsichtsm­aßnahme den einzigen Grenzüberg­ang zum Gazastreif­en mit Betonplatt­en verstärken ließ, damit ja kein palästinen­sischer „Bruder“den Kämpfen entkommen konnte. Wer so unaufricht­ig agiert, hat eben keine guten Absichten.

Wahre Freunde

Die Palästinen­ser haben viele falsche Freunde: westliche Islamisten, antiimperi­alistische Linke, muslimisch­e Staaten. Die einzigen wahren Freunde, die sie hätten, sind jene Menschen in Israel, die trotz der monströsen Massaker der Hamas noch immer für ein friedliche­s Zusammenle­ben zu haben wären, wenn auf palästinen­sischer Seite eben keine genozidale­n Hamas-Terroriste­n mehr als Gesprächsp­artner fungieren. Und wir hier im Westen wären gut beraten, wenn wir nicht jenen Gehör schenken, welche die Hamas und Konsorten zu antikoloni­alen Vorkämpfer­n verklären wollen, sondern die israelisch­e Demokratie fordern und fördern. Denn das ist noch immer der beste Friedensga­rant.

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Islamistis­che Banner waren bei einer Demonstrat­ion im deutschen Essen zu sehen. Nun ermittelt die Polizei.

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