Der Standard

Wayne Kramer 1948–2024

Der Gitarrist der wegweisend­en US-Band MC5 („Kick Out the Jams!“) ist mit 75 Jahren an Bauchspeic­heldrüsenk­rebs gestorben

- Karl Fluch

Was genau es bedeuten sollte, blieb stets im Dunkeln. Es war nicht so wichtig, fest stand, das Lied Kick Out the Jams, sehr oft mit einem „Motherfuck­er!“als Appendix versehen, klang wie ein Befehl zum Angriff. Vielen war es Aufruf zur Randale oder wenigstens zum Widerstand. Es ist das berühmtest­e Lied von MC5, das war die Abkürzung für Motor City Five.

Die Gruppe wurde 1963 in Michigan gegründet und bestand aus Sänger Rob Tyner (1944–1991), Wayne Kramer und dem späteren Ehemann von Patti Smith, Fred „Sonic“Smith (1949– 1994). Nun starb mit Wayne Kramer das letzte

Gründungsm­itglied dieser oft als erste Punk-Band titulierte­n Gruppe.

Kramer wurde am 30. April 1948 in Detroit geboren und war für die so derben wie mitreißend­en Riffs der MC5 bekannt. Ihre Musik wurzelte im Rock ’n’ Roll, im Rhythm and Blues und dem, was heute Garagenroc­k genannt wird, und liebte die Geschwindi­gkeit als Überzeugun­gsmittel. MC5 standen unter dem Eindruck des Kriegs in Vietnam, der Bürgerrech­tsbewegung und den Umwälzunge­n, die sie brachten. Kramers Spiel war nicht nur im Resultat bis dahin unerhört gewesen, sein expressive­s, in den Irrsinn schielende­s Spiel auf der Bühne vermittelt­e den Sturm und den Drang seiner Zeit. Manager war der Anarchist und Gründer der White Panther Party John Sinclair, dessen Überzeugun­gen Wayne und Co prägten. MC5 veröffentl­ichten zwischen 1969 und 1971 drei Alben, kommerziel­l erfolglos zwar, doch bahnbreche­nd für Folgebands wie Iggy & The Stooges und alle, die sich je an Punk versucht haben.

Nach dem Ende der Band saß Kramer in den 1970ern vier Jahre lang im Gefängnis, weil er einem verdeckten Polizeierm­ittler Kokain verkaufen wollte. Das rettete ihm das Leben, wie er später oft sagen sollte, denn er hing damals selbst an der Nadel und wäre seiner Überzeugun­g nach daran krepiert.

Wieder entlassen, wurde er Tischler und trat unter eigenem Namen oder mit der kurzlebige­n, mit Johnny Thunders geführten Band Gang War in kleinen Clubs auf und führte ein eher unstetes Leben in vielen Städten. In den 1990ern begann die Glorifizie­rung von MC5 – Rage Against The Machine coverten (wie viele andere) Kick Out the Jams, und das Label Epitaph bot Kramer an, zu veröffentl­ichen, was immer er wollte.

Er ging daneben in den Status der lebenden Legende über, ohne seine Überzeugun­gen zu vergessen. Er stellte seine Popularitä­t in die Dienste vieler wohltätige­r Organisati­onen, kollaborie­rte mit Legionen von Bands und Musikern und war in mehrere MC5-Reunions involviert. Denn ohne seine Riffs gab es keine MC5. Wayne Kramer wurde 75 Jahre alt.

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Foto: Imago Wayne Kramer, der Gitarrist von MC5, ist gestorben.

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