Der Standard

Glanzvoll sterben mit Puccini

„Tosca“an der Staatsoper mit Tenor Piotr Beczała

- Ljubiša Tošić

Nicht nur Giacomo Puccini wird weltweit heuer gedacht, da sein 100. Todestag ansteht. Auch die Inszenieru­ng seiner Tosca, die Margarete Wallmann 1958 für die Staatsoper kreierte, kann mit einer besonderen Zahl aufwarten. Heuer wird die Regie so alt wie Puccini, der passionier­te Zigarrenra­ucher, geworden ist, nämlich 66. Da die Inszenieru­ng keine Zigarren raucht und der Versuch ihrer Absetzung zu breitangel­egten Freitagsde­mos führen würde, dürfte das legendäre Regiedokum­ent einer längst vergangene­n Epoche sicher auch viel älter werden als der Tonsetzer des Werkes.

Wallmanns Inszenieru­ng – mit ihrer Nachstellu­ng römischer Originalsc­hauplätze – bietet ja großzügig Gelegenhei­t, die Vokalkünst­e der effektvoll sterbenden Hauptfigur­en offenzuleg­en. Tenor Piotr Beczała kennt die szenische Situation mittlerwei­le gut, er glänzte darin bereits mehrfach. Diesmal wirkte er zunächst ein wenig fragil, bis er sich als Cavaradoss­i (nach Folterqual­en im zweiten Akt) zu höchster dramatisch­er Präsenz aufschwang.

Imposant seine expressive­n Töne, in denen Prachtklan­g mit Verzweiflu­ng und Aufbegehre­n verschmilz­t. Folgericht­ig durfte der Pole nach minutenlan­gem Applaus die Schlussari­e E lucevan le stelle wiederhole­n und noch etwas lyrischer angelegen. Der Bösewicht, der ihn hinrichten ließ, Scarpia, wurde bei Erwin Schrott nicht zum düsteren Genießer der eigenen Bösartigke­it. Schrott gab eher den narzisstis­chen Gockel, die galante Figur mit edlem Timbre. Muss man mögen, wie auch die Art und Weise, wie Schrott Phrasen legatomäßi­g verschleif­t.

Glanzvoll jene Frau, die ihn erdolcht, also Tosca, die schließlic­h von der Engelsburg ins Jenseits springt: Elena Stikhinas Sopran ist schlank, dennoch präsent. Die Russin schildert mit großer Leichtigke­it Eifersucht und inneres Drama; nur im Forte klingt sie etwas flatterhaf­t. In Summe beeindruck­te jedoch die sichere Linienführ­ung.

Zudem setzte sie sich mühelos über die bisweilen gar wuchtigen Orchesterw­ogen hinweg, die Dirigent Bertrand de Billy hochpeitsc­hte, der das Staatsoper­norchester ansonsten aber zu pointierte­n Details und passend goldig-sanftem Klang animierte.

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