Kampf den europäischen „Zerstörern“von rechts
Europas Sozialdemokraten kürten Nicolas Schmit zum Spitzenkandidaten für die EU-Wahl im Juni
Europas Sozialdemokraten blasen zum Kampf gegen den Rechtsruck in Europa und Versuche von Rechtspopulisten und extrem rechten Parteien, deren Ziel es sei, die EU „zu schwächen und sogar zu zerstören“. Das war der allgemeine Tenor beim Kongress der Europäischen Sozialdemokraten (PES), des Dachverbands der nationalen Mitgliederparteien, bei einem Kongress in Rom am Wochenende.
Dabei wurde das Programm „Das Europa, das wir wollen – sozial, demokratisch und nachhaltig“für die Europawahlen im Juni beschlossen. Als Spitzenkandidat wurde mit überwältigender Mehrheit der Luxemburger Nicolas Schmit gewählt. Der 70-Jährige ist derzeit EU-Sozialkommissar und wird gegen die Christdemokratin und Amtsinhaberin Ursula von der Leyen antreten im Rennen, wer die EU-Kommission ab Juli führen wird.
Realistischerweise hat nur ein Kandidat aus den beiden größten Fraktionen im Europaparlament die Chance, von den Staats- und Regierungschefs ins wichtigste Amt auf EU-Ebene nominiert zu werden. Die deutsche 65-Jährige wird nächste Woche zur Spitzenkandidatin der Christdemokraten gewählt werden.
Der SPE-Kongress präsentierte sich auffallend kämpferisch. „Wir werden sie schlagen, und wir werden ein besseres Europa aufbauen“, rief Spaniens Premierminister Pedro Sánchez bei seiner Rede, „das Wesen Europas ist in Gefahr.“
Alles, was in der europäischen Sozialdemokratie Rang und Namen hat, war in Rom aufmarschiert. Auffallend aus österreichischer Sicht: SPÖ-Chef Andreas Babler blieb dem Treffen fern. Die Partei war von den EU-Spitzenkandidaten Andreas Schieder und Parlamentsvizepräsidentin Evelyn Regner vertreten.
Drei große Ziele
Was auffiel: die starke Emotion in den Redebeiträgen, die starke inhaltliche Konzentration auf die drei Hauptthemen. Es gelte, die Demokratie gegen die „Zerstörer“von rechts zu verteidigen. Der ökologische und digitale Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft sei unausweichlich, aber das müsse eben auf eine sozialverträgliche Weise geschehen. Und drittens: Es gehe darum, Europa nachhaltig zu verändern, für die Sicherheit der Menschen zu sorgen. Die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen hielt ein leidenschaftliches Plädoyer dafür, die Sicherheit und Widerstandsfähigkeit Europa zu stärken. „Die nächsten Jahre werden schwierig sein“, sagte sie, der Krieg in der Ukraine, der ins dritte Jahr gehe, „hat die Realität in Europa grundlegend verschoben. Russland hat die internationale Ordnung angegriffen, es sucht die Instabilität, in Nahost, in Afrika, in der Ukraine.“
Dass der bisher in breiten Kreisen der Bevölkerung unbekannte Nicolas Schmidt die Sozialdemokraten anführe, sei „eine Chance“, sagte Schwedens Ex-Premier und PESPräsident Stefan Löfven. „Er steht für die Dinge, die die Sozialdemokratie ausmachen“, sagte Schieder dem STANDARD. Als zuständiger EU-Sozialkommissar habe er das Programm Sure zur Sicherung der Arbeitsplätze während der Pandemie ebenso mitgestaltet, wie er die EU-Regelungen für den Mindestlohn durchgeboxt habe. Er sei ein „Top-Umsetzer“, so Schieder, und als Luxemburger spreche er mehrere Sprachen fließend. Der sagte denn auch selbst zum STANDARD: Anders als die Rechten, „die kein Konzept haben, begrenzen wir uns nicht auf das Negative, wir haben ein Projekt, wir wollen positiv auf die Menschen zugehen“.
Der Luxemburger war nicht die erste Wahl. Erst nachdem die frühere finnische Premierministerin Sanna Marin oder Fredriksen abgesagt hatten, kam er zum Zug. „Für mich ist das eine ungeheure Ehre“, sagte Schmit. Er sehe sich ganz in der Tradition anderer Luxemburger, die der europäischen Einigung gedient hätten, von Gaston Thorn über Jacques Santer bis Jean-Claude Juncker, die bereits Präsidenten der EU-Kommission gewesen sind.