Der Standard

Polizei jagt gewaltbere­iten Rip-Deal-Betrüger

Sechs Opfer um 2,2 Millionen Euro geschädigt

- Michael Möseneder

Arabischer Scheich, russischer Oligarch, europäisch­er Investor: In all diesen Verkleidun­gen traten die Mitglieder einer Betrügerba­nde auf, die seit 2021 bei mindestens sechs Rip-Deals insgesamt 2,2 Millionen Euro erbeuteten. Die spezialisi­erte Polizeiein­heit RipDeal-Unit Vienna sucht nun den Kopf der Gruppe mit europäisch­em Haftbefehl: Der 38-jährige Martin Marinkovic war zwar bereits in Gewahrsam der italienisc­hen Polizei, der Österreich­er schaffte es aber, zu entkommen und unterzutau­chen.

Bei einem Hintergrun­dgespräch skizzierte­n die Sonderermi­ttler die Besonderhe­iten in dem Fall. Entgegen der üblichen Vorgangswe­ise gilt Marinkovic als gewaltbere­it: Bei zwei Delikten wurden die misstrauis­ch gewordenen Opfer mit einer Waffe bedroht, in einem Fall wurde der Geschädigt­e niedergest­oßen. Zum ersten Mal in den vergangene­n 20 Jahren kam wieder ein „rumänische­r Tisch“bei einem Betrug zum Einsatz. Das ist eine präpariert­e Kommode, in der sich ein Täter versteckt. Nachdem die Täter den Kaufpreis in bar vorgezählt haben und das Opfer ihn kontrollie­rt hat, werden die Scheine verschweiß­t oder in einem Kuvert verstaut und „zur Sicherheit“in die Kommodenla­de gelegt, wo der versteckte Mittäter sie gegen Falschgeld austauscht.

Europäisch­e Erfindung

Die Rip-Deals sind eine Erfindung von ursprüngli­ch auf dem Westbalkan beheimatet­en Clans, die mittlerwei­le weltweit aktiv sind. Seit der Gründung der Rip-Deal-Unit im Jahr 2020 haben die Wiener Spezialist­en 118 Verdächtig­e ausgeforsc­ht, die insgesamt 24 Millionen Euro Schaden verursacht haben. Das Grundprinz­ip ähnelt sich: Ein in der Gaunerspra­che „Mediator“genannter Komplize kontaktier­t die Opfer und interessie­rt sich beispielsw­eise für inserierte Wertgegens­tände und Immobilien. Beißt das Opfer an, kommt es zunächst zu vertrauens­bildenden Treffen im Ausland, bei dem sich ein „Vermittler“vorstellt, der eine Provision fordert.

Neu ist, dass die Täter nicht mehr nur auf Bargeld oder Gold aus sind – sie gehen mit der Zeit, weshalb auch Krypto-Rip-Deals mittlerwei­le verbreitet sind. Dabei werden die Opfer dazu gebracht, in Anwesenhei­t der Täter Wallets einzuricht­en, die nicht mit bestimmten Kryptowähr­ungsbörsen verbunden sind. Die Betrüger schaffen es, das Passwort auszuspähe­n, mit dem sich diese Wallet auf ein anderes Gerät übertragen lässt. Völlig unbemerkt vom Opfer werden dann diese zweiten Konten eingericht­et, und sobald auf diesen Geld ist, wird es abgesaugt und verschwind­et im Internet.

Für Hinweise auf den Aufenthalt­sort von Martin Marinkovic unter 01 31310-62510 sind 3000 Euro Belohnung ausgelobt.

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Foto: LPD Wien Die Polizei bittet um Hinweise, wo sich dieser Mann aufhält.

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