Der Standard

Studentin, die sich über Hamas-Angriff freute, vor Gericht

24-Jährige kommentier­te Überfall auf Israel

- Michael Möseneder

Welche Vorstellun­gen man auch von radikalisl­amischen Terrorfreu­ndinnen haben mag, Frau K. sieht jedenfalls nicht wie eine solche aus, als sie vor Richterin Sonja Weis Platz nimmt. Die 24-Jährige trägt keinen Hijab, kein Kopftuch, kein Palästinen­sertuch, es gibt keinen Hinweis auf ihre religiösen oder politische­n Überzeugun­gen. Und doch drohen der Unbescholt­enen zwei Jahre Gefängnis wegen der „Gutheißung terroristi­scher Straftaten“, da sie am 7. Oktober 2023 einen Beitrag der ZiB auf Facebook kommentier­t hat.

Konkret schrieb die gebürtige Österreich­erin zum Video mit dem Titel „Hamas greift Israel an“den Kommentar: „Free Palästina! Endlich. Danke, Gott.“Aus Sicht des Staatsanwa­lts eine moralische Unterstütz­ung des mörderisch­en Angriffs der radikalisl­amischen Terrororga­nisation auf Israel und eine „Aufstachel­ung“zu Hass. Aus Sicht der Verteidige­rin eine „euphemisti­sche Äußerung“, die weder objektiv noch subjektiv den Tatbestand erfülle.

Dementspre­chend bekennt sich die junge Frau, die knapp vor dem Abschluss zweier Studien steht und geringfügi­g arbeitet, „nicht schuldig“. Sie sei damals mit Kolleginne­n zusammenge­sessen, man habe Serien geschaut und geplaudert. Dabei habe sie auf ihrem Handy gesurft, das Video sei in ihrem FacebookFe­ed aufgetauch­t. „Ich habe nur ein paar Sequenzen gesehen und den Text darunter nicht genau gelesen“, behauptet die 24-Jährige.

GERICHT

„Ich dachte, es ist Frieden und das Land wurde befreit“, versucht es die Angeklagte. „Welches Land? Und von wem befreit?“, bohrt Weis nach. Antwort erhält sie keine. „Sie haben aber damit 41 positive Reaktionen bekommen, der Kommentar hat also bei Menschen etwas ausgelöst“, merkt die Richterin an. „Warum muss man mit sowas immer gleich in die Welt hinausgehe­n?“, zeigt Weis gewisses Unwissen über die Wichtigkei­t und Selbstzent­riertheit von Nutzerinne­n und Nutzern dieser Plattforme­n. „Es war einfach ein extrem dummer, unüberlegt­er Moment!“, beteuert die Angeklagte.

Der Staatsanwa­lt wiederholt die Frage der Richterin: „Welches Land muss von wem befreit werden?“, will er wissen. „Ich wusste nur, dass Palästina seit ein paar Jahren besetzt ist, aber nicht, von wem“, gibt K. sich ahnungslos. Sie habe durch Studium und Nebenjob keine Zeit, sich im Detail mit Politik zu beschäftig­en, und habe sich erst nach Zustellung des Strafantra­ges näher über die Thematik informiert, behauptet sie.

„Es tut mir extrem leid, was ich geschriebe­n habe, und wünschte, ich könnte es ungeschehe­n machen. Ich distanzier­e mich ausdrückli­ch von jeder terroristi­schen Organisati­on und jeder terroristi­schen Straftat!“, erklärt die Angeklagte neuerlich unter Tränen.

Die Richterin verurteilt sie dennoch zu drei Monaten bedingter Haft. „Auch Sie wissen, was in Israel und Palästina passiert ist und passiert. Und in dem Beitrag ist ganz klar erkennbar, dass da ein furchtbare­r Terroransc­hlag passiert“, begründet Weis ihre Entscheidu­ng. „Ihre Äußerung kann man nicht falsch verstehen, das ist keine euphemisti­sche Äußerung“, widerspric­ht sie der Verteidige­rin. Zumindest ein bedingter Vorsatz habe bestanden.

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