Ein Festival ganz persönlich
Den Geist anregen sollen Musik, Literatur und Diskurs in der ersten Intendanzsaison von Nadja Kayali beim Carinthischen Sommer. Von 6. Juli bis 4. August setzen bekannte und neue Programmpunkte Akzente.
Mit 46 Veranstaltungen, Konzerten, Gesprächen und Lesungen an jedem Tag zwischen 6. Juli und 4. August ist der Carinthische Sommer heuer so dicht gepackt und intensiv wie noch nie. Unter dem Motto „persönlich“steht die erste Saison der Intendantin Nadja Kayali. „Vielfältig, bunt und persönlich, so wird unser Festival“, verspricht sie, „täglich laden wir Sie ein zu Musik, die zu Herzen geht, und Literatur, die den Geist anregt. Genau das bedeutet für mich Festival!“
Der Veranstaltungsreigen beginnt und endet mit Konzerten des neuen Festivalorchesters, des ORF Radio-Symphonieorchesters Wien (RSO). Das Eröffnungskonzert „Viva la Musica!“unter der Leitung der portugiesischen Dirigentin Joana Carneiro feiert die Musik mit Komponistinnen der Romantik und einer Uraufführung von Hannah Eisendle. Solistin in Clara Schumanns Klavierkonzert ist Claire Huangci. Das RSO Wien präsentiert sich als Festivalorchester in seiner ganzen Vielfalt auch mit dem Schlusskonzert unter der Leitung des Briten Wayne Marshall: Das fulminante Konzert „A Soundtrack to the Stars“beschließt das Festival am 4. August in Villach. In George Gershwins „Rhapsody in Blue“übernimmt Wayne Marshall selbst den Klavierpart, weiters erklingen Gershwins „An American in Paris“und die legendären Filmmusiken von John Williams.
„Freiheit“als Schreibauftrag
Literatur und Gespräche erweitern das Festival. Der Carinthische Sommer vergibt zum ersten Mal acht Schreibaufträge zum Thema „Freiheit“an Autor:innen wie Anna Baar, Sabine Gruber, Julia Jost, Milena Michiko Flašar, Maja Haderlap, Martin Piekar, Kathrin Röggla und Sophia Lunra Schnack, die in kurzen Morgenkonzerten bei freiem Eintritt uraufgeführt werden. Anschließend gibt es die Möglichkeit zum Gespräch. „Europa! Europa?“Die politische Union als Utopie und Vision debattieren Robert Menasse und Philipp Blom im Domenig Steinhaus. Anlässlich des 50. Jahrestags der friedlichen Nelkenrevolution in Portugal lesen Michael Maertens und Petra Morzé Texte von Fernando Pessoa, des wichtigsten portugiesischen Autors der Moderne. Fado, der Klang der Sehnsucht aus der Hauptstadt Lissabon, wird von der portugiesischen
Fadista Cuca Roseta nach Villach gebracht.
Neues und Vokales
Neue Musik ist ein wichtiger Schwerpunkt des Kärntner Festivals. Mit einer abendfüllenden Uraufführung von Bernhard Lang präsentiert das Wiener Platypus-Ensemble ein neues Werk aus dessen GAMESWerkkomplex. Beat Furrer sind zu seinem 70. Geburtstag zwei Konzerte gewidmet, darunter eine Uraufführung im Klagenfurter Dom durch den Organisten Wolfgang Kogert und ein Vokalkonzert mit Cantando Admont. Neue Musik in spektakulärer Natur zu erleben, ermöglichen eine Bergwanderung mit Nina Polaschegg und Bertl Mütter auf der Gerlitzen und Bruno Strobl mit dem Ensemble NeuRaum im Kletterpark Kanzianiberg. Der polnische Komponist Wojtek Blecharz bespielt gleich die ganze Faaker-See-Insel mit dem Hörerlebnis-Parcours „Inselhören“. Mit einem Bootshuttle zur Insel und kulinarischer Begleitung durch das Inselhotel bieten sich hier ein Kurzurlaub und sommerlicher Ausflug an. Vokalmusik durchzieht das Festival vom Anfang bis zum Ende: Cantando Admont gestaltet neben den Werken Beat Furrers ein Requiem des portugiesischen Frühbarockkomponisten Manuel Cardoso. Die Company of Music unter der Leitung von Johannes Hiemetsberger singt die gesamten Motetten von Johann Sebastian Bach und unter anderem eine Messe von Arvo Pärt zur Eröffnung. Momentum Vocal Music gestaltet zum Abschluss des Festivals eine selten gespielte Vesper von Heinrich Ignaz Franz Biber.
Feinsinnige Töne
Festival-Artist des Carinthischen Sommers ist in diesem Jahr der Cellist Eckart Runge. Er war Gründungsmitglied des legendären Artemis Quartett und kommt nun mit seinem Duopartner Jacques Ammon und dem fabelhaften Esmé Quartett zu einer Kammermusikwoche. Runge & Ammon versetzen mit ihrem Programm „Opium“das Publikum in die glamourösen 1920er-Jahre und erzählen gemeinsam mit zwei Pantomimen als „Cello Cinema“Geschichten mit Witz, Charme und Raffinesse. In der Stiftskirche Ossiach spielen Eckart Runge und das Esmé Quartett Schuberts Streichquintett, einen Höhepunkt der Kammermusik. Das Messages Quartett präsentiert in der zauberhaften Barockkirche Streichquartette von Friedrich Gernsheim, Andrzej Panufnik und Stanislaw Moniuszko. Das hervorragende polnische Streichquartett hat sich auf vergessenes und verdrängtes Repertoire spezialisiert und feiert in diesem Jahr sein zehnjähriges Bestehen. Mit „F.A.E.“(frei aber einsam), dem Lebensmotto von Johannes Brahms, ist ein Kammermusikabend mit Werken von Brahms und Schumann überschrieben, präsentiert von der Geigerin Lena Neudauer und dem Brahms-Spezialisten Matthias Kirschnereit (Klavier). Georg Nigl und Birgit Minichmayr, der Ausnahmebariton und die Burgschauspielerin, versprechen ein expressives Gipfeltreffen mit Schuberts „Schwanengesang“und Texten von Christine Lavant in der Stiftskirche Ossiach. Einen feinsinnigen Abend über Schuberts Lieder „Sei mir gegrüßt“und „Der Tod und das Mädchen“in verschiedenen Variationen gestalten das Esmé Quartett, Dorothy Khadem-Missagh, Klavier, Lena Neudauer, Violine, sowie die Sopranistin Maria Ladurner. Rudolf Buchbinder kommt für sein jährliches Rezital in Villach mit Beethoven und Chopin. Die gefeierte junge Cellistin Anastasia Kobekina präsentiert mit dem Kammerorchester Basel ihr neues Programm über Licht und Atmosphäre Venedigs. Synästhesien, Licht, Tanz und Musik: Ein Fest der Sinne entfacht „Calling the Spirit – Skrjabin Mysterium“mit der Pianistin Anika Vavič, dem Puppenspieler Christoph Bochdanksy, Rose Breuss und der Choreographia[Inter]Austriaca.
Kinderleichtes Kulturprogramm
Auch für Kinder und Familien gibt es ein ganzes Füllhorn an Veranstaltungen, etliche davon mit freiem Eintritt. Von der Kinderoper „GOLD!“, die an verschiedenen Standorten in Kärnten mit mehreren Kooperationspartnern gezeigt wird, über das mehrtägige KinderMusiklabor bis zum Filmmusikzyklus mit dem RSO Wien, Runge & Ammon und den Philharmonic Five ist sicher für jede und jeden etwas dabei. Der Höhepunkt des Familienprogramms ist das Ö1 Kulturpicknick am Eröffnungswochenende. Bei freiem Eintritt gibt es vielfältigste Angebote: Kinder dürfen Musikinstrumente ausprobieren, können sich schminken lassen oder junge coole Graffitikünstler:innen in Aktion sehen, es gibt Kindertanzveranstaltungen, der Theaterwagen des Ensembles Porcia kommt, und die Kinderoper „GOLD!“wird aufgeführt. Wenn beim grenzüberschreitenden „Tanz.Kolo.Dabke“das burgenländisch-kroatische Folkloreensemble Kolo Slavuj, der slowenische Chor Podjuna aus Kärnten, Salah Ammo mit seiner kurdischsyrischen Band Dabke Dilan und das Publikum sich in Kreistänzen verbinden, erfahren alle: Musik verbindet! Nadja Kayali: „Musik berührt, sie bewegt, sie verändert uns, und sie gibt uns Raum für klare Gedanken. Musik, Literatur, Diskurs. Feiern wir beim Carinthischen Sommer 2024. Denn Festival kommt von Fest!“