WERKZEUG UND WISSEN
3-D-Drucker, Generatoren und ein Ostereier-Roboter: Maker treffen sich in Vereinslaboren, um gemeinsam mit teuren Spezialwerkzeugen zu arbeiten – und um die Welt besser zu machen.
Besuch bei den Makern
Erst einmal sieht es in diesen Räumen aus wie in einem Labor von einem verrückten Professor. Da stehen Lasercutter und 3-D-Drucker, CNC-Fräsen, Generatoren und ein Ostereier-Roboter, der Egg Bot.
Das FabLab München gehört aber keinem verrückten Professor, sondern einem gemeinnützigen Verein. 350 Mitglieder finanzieren gemeinsam Räume und Werkzeuge. Auf dem Wochenprogramm stehen „Laserabende“, CNC-Fräskurse und Drohnenbau-Workshops. So unterschiedlich wie die verschiedenen Maschinen sind auch die Motive der Vereinsmitglieder: Manche wollen einfach nur ein spezielles Geschenk basteln. Andere haben eine Produktidee und wollen einen Prototypen herstellen, um ein Start-up zu gründen. Aber alle wollen etwas mit ihren eigenen Händen machen – deshalb nennen sie sich Maker, auf Deutsch: Macher.
„Zu Hause lässt es sich oft schlecht maken, weil man die entsprechende Ausstattung und das Know-how nicht hat“, sagt Andreas Kahler. Er hat das Fab Lab mit anderen gegründet. Ein professioneller Lasercutter, der fast jedes Material millimetergenau schneidet, kostet fast 15 000 Euro. Privat kann das kaum einer bezahlen – aber ein Verein kann das schon.
„Das ist die nächste Stufe von Do-ityourself“, sagt Martin Laarmann, Chef
der Make Munich, einer Messe von Makern für Maker. Der typische traditionelle Bastler arbeitet in seinem Hobbykeller alleine. Anders der Maker: Er trifft sich gerne mit anderen zu Workshops im sogenannten Makerspace. In vielen deutschen Städten gibt es jetzt solche experimentellen Vereinswerkstätten. Sie heißen Open Lab, Happy Lab oder Makerspace, und sie werden immer populärer. In den deutschsprachigen Ländern gibt es schon fast 250 Orte, an denen Maker Werkzeuge und Wissen teilen. Zu Maker-Messen kommen mehrere Tausend Besucher pro Wochenende.
Als Erster hat Physikprofessor Neil Gershenfeld vom MIT in Cambridge im Jahr 2002 ein Fab Lab gegründet: eine Werkstatt, offen für alle Studenten. Spielerisch sind dort innovative Produkte entstanden. Manche waren auch nur Schrott. Misserfolge sind eben auch typisch im Laboralltag. Viele Objekte existieren nur deshalb, weil Technikfreaks ihr Können zeigen wollen. „In den Makerspaces tummeln sich natürlich viele Nerds“, sagt Laarmann. Viele Maker wollen am liebsten ein wirklich innovatives Produkt herstellen – und das so einfach wie möglich.
Aber Laarmann findet etwas anderes noch viel wichtiger: „die Demokratisierung der Produktionsmittel“.
Wenn Maker über ihr Tun sprechen, hört sich das manchmal fast marxistisch an. Konsumenten werden aus ihrer Perspektive zum Prosumenten. Viele Maker wollen nämlich nicht mehr von großen Firmen abhängig sein. „Die Digitalisierung muss auch der Gesellschaft nutzen, viele Leute wollen sich da nicht mehr länger ausliefern und wieder die Hoheit erlangen“, erklärt Laarmann. Die günstigsten Arduino-Microcontroller helfen dabei. Mit ihnen kann man zum Beispiel Waschmaschinen zum Sprechen bringen und selbst gebaute Roboter kontrollieren.
Auch Pädagogik ist wichtig. Maker-Labore bieten Kurse für die ganze Familie, für Senioren und für Kinder an. „Wir wollen den Kindern zeigen, dass man nicht alles fertig kaufen muss“, sagt Andreas Kahler vom Fab Lab. Kinderkurse sind besonders populär: „Es gibt ein großes Interesse am Selbermachen. Denn praktisches Wissen wird in der Regelschule ja kaum noch vermittelt.“Er selbst hat mit diesem Hobby durch eine ähnliche Motivation begonnen. Der Software-Ingenieur wollte selbst mal „etwas Anfassbares schaffen“.
Die „Demokratisierung der Produktionsmittel“funktioniert beim Münchener Fab Lab: Alle Vereinsmitglieder finanzieren die teuren Spezialwerkzeuge gemeinsam. Das basisdemokratische Vereinslabor ist nur ein Beispiel. Es gibt auch Modelle, die stärker an Wissenschaft und Wirtschaft orientiert sind. An manchen Laboren sind Firmen und Universitäten beteiligt, zum Beispiel am Makerspace des Unternehmer-TUM, dem Zentrum für Innovation und Gründung an der Technischen Universität München. Gesellschafterin dieses Maker-Labors ist die Milliardärin Susanne Klatten, das erklärte Ziel der Institution ist die Gründung von Hightech-Firmen. Andererseits existieren auch fast anarchistische Maker-Labore in Hamburg-Altona oder Berlin-Kreuzberg, deren Ziel garantiert nicht die Gewinnmaximierung ist.
Gemeinsam ist allen, dass sie etwas Neues machen wollen – manche nur technisch, andere auch gesellschaftlich. „Es gibt viele Parallelen zu Sportvereinen, nur ohne Sport“, sagt Martin Laarmann. Anders als bei den Sportvereinen sind aber mehr als 90 Prozent der Bastler in den Hobbylaboren männlich. Obwohl es auch Dinge gibt, die für Makerinnen interessant sein sollen, sagt Laarmann: zum Beispiel Wearables (der Einsatz von technischen Gimmicks in der Mode), ökologische Technik und so weiter. Und der T-Shirt-Druck! Werden bei den innovativen Bastlern vielleicht auch fleißig Klischees reproduziert? Nein, die CNC-Fräse dürfen ja auch Frauen benutzen. Es gibt also bei diesem Aspekt wenig zu kritisieren bei den Makern. Titus Arnu Dies ist eine einfachere Version eines Texts aus der Süddeutschen Zeitung.
In den deutschsprachigen Ländern gibt es schon fast 250 Orte wie diesen.