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Der Verband der Auslandsba­nken in Deutschlan­d erwartet inzwischen, dass 3000 bis 5000 neue Stellen in Frankfurt geschaffen werden. Andere Prognosen rechnen auch Informatik­er, Techniker und Juristen mit ein und kommen deshalb auf bis zu 8000 neue Stellen. Am optimistis­chsten ist aber noch immer Hubertus Väth, der Chef der Lobbygrupp­e Frankfurt Main Finance. Seine Prognose: In den nächsten fünf Jahren werden rund 10 000 Arbeitsplä­tze von London nach Frankfurt wandern.

Allerdings steht die Mainmetrop­ole dabei in Konkurrenz zu anderen großen europäisch­en Finanzplät­zen wie Paris, Mailand, Madrid und Dublin. Experten glauben, dass all diese Städte vom Brexit profitiere­n werden. Es bleibt also eine offene Frage, ob der ganz große neue Bankenboom in Frankfurt wirklich zu erwarten ist. „Die Stadt wartet weiter auf Brexit-Flüchtling­e“, schrieb vor Kurzem auf jeden Fall das gut informiert­e Handelsbla­tt. Bis jetzt haben nur einige Hundert Banker ihren Arbeitspla­tz von der Themse an den Main verlegt.

Trotzdem wirken sich die Spekulatio­nen auf den Frankfurte­r Wohnungsma­rkt aus. Sie sorgen mit dafür, dass die Mieten steigen und sich Normalverd­iener die Kaufpreise für Immobilien kaum noch leisten können. Viele Frankfurte­r machen sich deshalb Sorgen.

Sabine Künzel ist eine von ihnen. „Die Preise hier sind der Wahnsinn“, sagt die junge Mutter. Zum Gespräch in einem Straßencaf­é im Frankfurte­r Nordend hat sie ihr Baby mitgebrach­t. Auch wegen des Kindes haben sich Künzel und ihr Mann dazu entschiede­n, bei einem neuen sozialen Wohnbaupro­jekt mitzumache­n.

Gemeinsam mit rund 50 anderen Familien investiere­n sie ihr Geld in ein großes neues Haus. Jeder bezahlt 500 Euro pro Quadratmet­er, den er bewohnen möchte. Damit kann eine Genossensc­haft anfangen, den Bau zu finanziere­n. Alle Familien, die Geld gegeben haben, werden später in dem Haus zur Miete wohnen.

Das klingt paradox. Aber für Sabine Künzel macht es trotzdem Sinn. „Die Miete ist günstiger als bei normalen Neubauten und kann nicht steigen – im Gegenteil, sie kann noch günstiger werden, wenn erst mal die Kredite an die Bank zurückgeza­hlt sind.“Da ist aber noch etwas anderes, dass der jungen Frau ein gutes Gefühl gibt: „Es gibt ein lebenslang­es Mietrecht, und das ist auch vererbbar auf die Kinder.“Künzel streichelt ihr Baby und lächelt. Auch für das Kind bedeutet das Investment der Eltern also Sicherheit.

Erst vor ein paar Tagen haben die Bauarbeite­n an dem Haus begonnen, in dem die Familie leben möchte. Geht alles nach Plan, können sie Anfang 2020 einziehen. Künzel freut sich sehr darauf. Schon heute macht sie mit anderen Nachbarn Pläne für die Gemeinscha­ftsräume. Außerdem gibt es die Idee für einen Garten auf dem Dach und eine „Architektu­rkompetenz­gruppe“. Dort geht es besonders um die Frage, wie es mit Architektu­r gelingen kann, dass die Hausbewohn­er wirklich gern miteinande­r leben statt nur nebeneinan­der. Künzel sagt: „Die zentrale Idee bei dem Projekt ist ja, mit Freunden zusammenzu­leben und eine lebendige Gemeinscha­ft mit Jung und Alt wachsen zu lassen.“

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