Die Vergangenheit
Eine Ausstellung in Berlin zeigt wichtige archäologische Objekte aus ganz Deutschland. Manche haben einen weiten Weg hinter sich.
Wenn in Deutschland gebaut wird, findet nicht selten jemand ein Stück Vergangenheit. Zum Beispiel beim Bauen einer neuen U-Bahnlinie in Köln. Dort fand man im Jahr 2005 Teile eines antiken Hafens, der mehr als 1900 Jahre alt ist. Dabei war auch ein acht Quadratmeter großes Wrackteil eines Schiffs, das vor rund 2000 Jahren gesunken ist. Insgesamt wurden in Köln 2,5 Millionen Objekte aus der Zeit zwischen der Urzeit und 1945 gefunden. Meistens sind es Knochen und Scherben, die zum Teil aus Ländern wie dem heutigen Spanien oder Tunesien kommen. Die Funde erzählen viel über den Alltag der Menschen im römischen Köln. Und sie zeigen, wie groß das Handelsnetz der Römer war.
Die Hafenmauer des römischen Köln ist nun im Gropius Bau in Berlin das Zentrum der großen Sonderausstellung „Bewegte Zeiten. Archäologie in Deutschland“(ab 21.9.). Die Ausstellung zeigt wichtige archäologische Funde der letzten 20 Jahre aus dem ganzen Land.
Insgesamt sind 1000 Exponate aus der Steinzeit bis ins 20. Jahrhundert zu sehen, so zum Beispiel die Himmelsscheibe von Nebra. Sie wurde 1999 in der Nähe der Stadt Nebra in Sachsen-Anhalt gefunden. Die rund 4000 Jahre alte, mit Gold dekorierte Bronzeplatte zeigt das weltweit älteste konkrete Bild des Kosmos. Ihr Kupferteil stammt aus den Ostalpen,
das Gold aber aus dem englischen Cornwall. Der Fund zeigt, wie früh in Europa schon mit Metallen und anderen Dingen gehandelt wurde.
„Die Entdeckungen der Archäologie sind oft Zeugnisse umfangreicher Kontakte und Beziehungen“, sagt Matthias Wemhoff, Direktor des Museums für Vor- und Frühgeschichte der Staatlichen Museen zu Berlin. Die Ausstellung ist eine Kooperation seines Museums mit dem Verband der Landesarchäologen in der Bundesrepublik Deutschland. Sie zeigt nicht nur besonders schöne archäologische Funde, sondern erklärt den Besuchern auch den Kontext.
„Sharing Heritage“ist im Europäischen Kulturerbejahr 2018 das Motto des deutschen Teils, der sich auf Austauschprozesse und Beziehungen in Europa konzentriert. Um diese Netzwerke mithilfe der Archäologie deutlich zu machen, ist die Ausstellung nicht chronologisch, sondern arbeitet mit vier Themen: Mobilität, Austausch, Konflikt und Innovation.
Dabei ist nicht nur der Austausch von Waren oder Ideen wichtig. Im Bereich Mobilität ist zum Beispiel auch Migration ein Thema. Hier wird auch ein sehr alter Ritualort gezeigt, der in Herxheim (Rheinland-Pfalz) gefunden wurde. Die Funde von dort stammen aber nicht aus der Region. Im Bereich Konflikt sind Objekte aus der Zeit um 1200 vor Christus zu sehen, die im Tollensetal (Mecklenburg-Vorpommern) gefunden wurden. Sie erzählen von der ersten Schlacht in Europa. Aber auch Dinge aus der jüngeren Zeit sind zu sehen: 2010 wurde in Berlin ein Skulpturenfund gemacht. Die 16 Objekte waren Teil der Nazi-Ausstellung „Entartete Kunst“.
Wie und warum kommen Objekte an einen Ort? Das ist die Frage, die Archäologen interessiert. Museumsdirektor Wemhoff sieht Bewegung als zentrales Prinzip von Geschichte. „Deutschland ist immer eingebunden gewesen in ein intensives, gesamteuropäisches Netzwerk“, sagt er. Die Ausstellung zeigt die archäologischen Funde, die im Land gemacht wurden, als Teil der Kultur und Geschichte des europäischen Kontinents. Ana Maria Michel