„Für mich war ich ganz normal“
Mit nur einem ganzen Arm ist Philipp Barluschke auf die Welt gekommen. Trotzdem wollte er immer ganz normal leben. Also machte ereine Ausbildung zum Tauchlehrer, lernte Kitesurfen – und hat heute seine eigene Firma.
Herr Barluschke, wissen Sie, warum Sie ohne Ihren rechten Unterarm geboren wurden?
Man nennt es Bandriss-Syndrom. Es kann passieren, dass Fäden im Mutterleib sich nicht vom Embryo lösen. Es kommt zu einer Schnürung und der Arm wächst nicht mehr. Das passiert bei Zwillingen öfter, weil man weniger Platz im Bauch hat. Mein Zwillingsbruder Patrick ist mit zwei Armen auf die Welt gekommen.
War es für Sie als Kind schwierig, dieses Syndrom zu haben?
Nein, eigentlich nicht. Mit meinem Zwilling waren wir immer zu zweit. Für mich war ich ganz normal, und es gab nie Stress mit anderen Kindern.
Wann haben Sie Ihre erste Prothese bekommen?
Ich war eineinhalb Jahre alt. Man soll sich früh daran gewöhnen. Aber ich habe immer nur schlechte Produkte bekommen. Also habe ich vor ein paar Jahren eine Armprothese für mich entworfen.
Das hat so gut funktioniert, dass Sie 2016 Ihre eigene Firma gegründet haben.
Ja, wir sind seit einem Jahr auf dem Markt. Da ich seit Jahrzehnten Prothesen trage, bin ich zu einem sehr guten Ergebnis gekommen. Ich kann die Qualität meiner Produkte selbst erleben und verbessern. Der Tragekomfort ist also viel besser.
Haben Sie eine spezielle Beziehung zu Ihren Kunden, weil Sie die gleichen Erfahrungen gemacht haben wie sie?
Auf jeden Fall. Es ist ein großer Faktor, dass ich betroffen bin. Meine Kunden sind sicher, dass ich weiß, wovon ich rede.
Erfolg haben Sie aber nicht nur als Unternehmer: Sie haben eine Ausbildung
zum Tauchlehrer gemacht. Wie kam es dazu?
Ich habe in Deutschland als CNC-Fräser und CAD-Designer gearbeitet. Irgendwann hatte ich keine Lust mehr auf den Alltag. Ich wollte ins Ausland gehen und etwas anderes machen. Ich kam über Kontakte zu einer Tauchschule auf Mallorca.
War es für die Tauchschule kein Problem, dass Sie nur einen Arm haben?
Für die Ausbilder nicht. Aber als ich mich zur Tauchlehrer-Prüfung angemeldet habe, hat die Taucherorganisation gesagt, dass das nicht so gut wäre. Um es ihnen zu zeigen, habe ich mich zur Dive Trophy angemeldet, einem Wettkampf mit 150 Leuten. Ich bin ins Finale in Ägypten gekommen. Da habe ich glatt gewonnen. Gegen normale Sporttaucher. Dann haben sie gesagt: Alles klar, jetzt lassen wir dich zur Prüfung zu. Danach habe ich einen Job als Tauchlehrer in Ägypten bekommen.
Haben Sie dort auch Kitesurfen gelernt?
Genau. Die Kiteschule war nebenan. Das musste ich auf jeden Fall machen. Ein paar Jahre später habe ich auch an deutschen Meisterschaften teilgenommen.
Haben Sie dort auch gewonnen?
Nein. Wie bei der Formel 1 muss man viele Punkte sammeln. Ich war nicht überall dabei, dafür hatte ich nicht genug Zeit.
Wollen Sie noch mehr Sportarten lernen?
Ich habe nichts Konkretes geplant. Ich habe durch meine Firma ziemlich viel zu tun. Wir haben nämlich immer mehr Erfolg. Im Moment produzieren wir drei bis vier Prothesen pro Monat. Und ich habe schon bis zu 50 Anfragen von Kunden.