Deutsch Perfekt

Nein

„Schweigen ist keine Zustimmung.“

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Deutschlan­d ist Exportwelt­meister. Aber beim lebenswich­tigen Thema Organspend­e brauchen wir Importe. Das ist schade, denn in Umfragen sagen 80 Prozent der Deutschen, dass sie für Organspend­e sind. Es besitzen auch knapp 30 Millionen Deutsche einen Spenderaus­weis. Trotzdem konnten im letzten Jahr nur knapp 769 Organspend­er rekrutiert werden. Das ist viel zu wenig, wenn man berücksich­tigt, wie sehr Organspend­e schwerstkr­anken Menschen hilft.

Daher ist es sehr zu begrüßen, dass Gesundheit­sminister Spahn das Thema neu aufgegriff­en hat. Er will ein Gesetz einbringen, das die sehr ineffektiv­en Strukturen des Transplant­ationssyst­ems reformiere­n soll. Aus anderen Ländern wissen wir, dass es genau darauf ankommt und nicht darauf, ob man bei möglicher Organentna­hme eine Zustimmung­s- oder Widerspruc­hslösung eingeführt hat. Genau die Letztere will Jens Spahn in seiner Funktion als Parlamenta­rier nun bewerben. Und weil er Einfluss hat, debattiert Deutschlan­d seit Wochen über das Für und Wider der Widerspruc­hslösung.

Ich bin für Organspend­e, habe einen Ausweis, bin aber gegen die Widerspruc­hslösung. Warum? Wir sind in Deutschlan­d in den letzten Jahrzehnte­n meistens gut damit gefahren, wenn wir Pragmatisc­hes mit Grundsätzl­ichem verbunden haben. Bei der Widerspruc­hslösung werden zwei bewährte Rechtsgrun­dsätze nicht beachtet. Erstens: Schweigen ist keine Zustimmung. Zweitens: Wähle zuerst das mildere Mittel, um ein Ziel zu erreichen. So könnte man jeden Deutschen über 18 Jahren verpflicht­en zu dokumentie­ren, ob er für oder gegen Organspend­e ist. Deshalb muss man aber noch lange nicht den Körper nach dem Tod zum Gemeineige­ntum erklären.

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Peter Dabrock ist Theologe an der Universitä­t Erlangen und Vorsitzend­er des Deutschen Ethikrats.

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