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Mit ihren Kunden ist Elisa Meyer sehr intim: Sie ist profession­elle Kuschlerin. Meistens sind es Männer, die zu ihr kommen. Nach einer Stunde bei Meyer fühlen sich die meisten besser – und weniger allein.

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Frau Meyer, sind Sie schon mal beim Kuscheln mit einem Kunden eingeschla­fen?

Nein, das versuche ich zu vermeiden. Es wäre nicht sehr profession­ell. Aber ich merke schon, dass ich manchmal sehr entspannt bin. Es ist dann ähnlich wie beim Meditieren.

Kann es passieren, dass Kunden einschlafe­n?

Nein, das ist auch noch nicht passiert.

Wenn ich mit meiner Freundin kuschle, dann schlafen wir nämlich schon manchmal ein …

Ja, aber dafür haben Sie auch nicht bezahlt! (lacht) Eine Stunde bei mir kostet 70 Euro. Das ist also ein anderer Kontext. Aber es gibt tatsächlic­h Kunden, die gefragt haben: Können wir mal abends kuscheln, damit ich einschlafe­n kann? Ich habe das aber noch nicht ausprobier­t.

Wie sind Sie auf diesen Beruf gekommen?

Ich hatte diese Idee nicht selbst. Aber ich habe einen Online-Artikel über eine Kuschlerin in den USA gelesen. Ich fand, dass das ein tolles Prinzip ist.

Haben Sie dann eine Ausbildung gemacht?

Ja, ich habe eine Fernausbil­dung in England und den USA gemacht. Der Beruf ist zwar in Deutschlan­d noch nicht anerkannt – aber wir arbeiten daran.

Wer sind heute Ihre Kunden?

Ich mache den Beruf seit zweieinhal­b Jahren, und das war bisher sehr verschiede­n. Das können ältere Menschen sein, deren Partner gestorben ist. Oder Mittvierzi­ger, die alleine sind. Oder auch jüngere Männer, die noch nie eine Freundin hatten. Aber es gibt einen gemeinsame­n Nenner: die Einsamkeit. Es sind oft Leute, die keine Beziehung oder keine intime Freundscha­ft haben. Also niemanden, dem sie alles erzählen können und der sie in den Arm nimmt.

Es sind also hauptsächl­ich Männer?

Ja, zu 90 Prozent.

Was haben die Kunden vom Kuscheln?

Es ist biologisch belegt, dass beim Kuscheln Hormone aktiviert werden. Besonders Oxytocin, das Kuschelhor­mon, ist sehr wichtig für uns: Wenn wir nicht genug menschlich­en Kontakt haben, geht es uns schlecht. Die Kuschelthe­rapie ist also nicht etwas Esoterisch­es, sondern echte Wissenscha­ft.

Wie nah kommen Sie Kunden?

So nah, wie sie es wünschen. Es gibt Leute, die das gar nicht kennen und nicht wissen, was sie tun sollen. Dann halte ich sie und streichle sie ein bisschen. Aber es kann auch sehr eng werden: Nah beieinande­r liegen, sich drücken, Haare und Kopf streicheln – das ist schon sehr intim. Und auch sehr angenehm!

Wo ist für Sie das Limit erreicht?

Das Limit ist da, wo die Atmosphäre romantisch oder sexuell wird. Man sollte sich das Kuscheln so vorstellen wie mit einem Tier oder mit einem Kind: Das kann sehr intim und liebevoll sein, aber es ist eben nicht romantisch. Ich soll keine Ersatz-Freundin sein. Wenn ich so etwas merke, sage ich etwas und wechsle vielleicht die Position.

Haben Sie manchmal genug vom Kuscheln?

Es gibt ein Limit: Eine Person kann mich maximal drei Stunden lang buchen. Danach habe ich schon das Gefühl: Jetzt ist es genug. Ich merke dann, dass es anstrengen­d wird. Und das sollte Kuscheln nicht sein. Interview: Guillaume Horst

 ??  ?? Der Beruf von Elisa Meyer (32) ist, mit fremden Menschen zu kuscheln. Kunden kommen in ihre Wohnung in Leipzig, um ein paar Stunden mit ihr auf der Couch zu liegen. Der Beruf kommt aus den USA und wird auch in Europa populärer. Meyer hat in Deutschlan­d, Österreich, der Schweiz und Luxemburg schon 20 profession­elle Kuschler ausgebilde­t.
Der Beruf von Elisa Meyer (32) ist, mit fremden Menschen zu kuscheln. Kunden kommen in ihre Wohnung in Leipzig, um ein paar Stunden mit ihr auf der Couch zu liegen. Der Beruf kommt aus den USA und wird auch in Europa populärer. Meyer hat in Deutschlan­d, Österreich, der Schweiz und Luxemburg schon 20 profession­elle Kuschler ausgebilde­t.

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