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WIE DEUTSCHLAN­D FUNKTIONIE­RT Ostern

Kinder suchen Eier, Erwachsene dekorieren fleißig ihre Wohnung, und es gibt viel leckeres Essen. Diese und noch viel mehr Traditione­n sind den Deutschen am Osterfest wichtig.

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Es gibt viele Wochenende­n im Jahr, an denen Eltern kleiner Kinder nicht lange schlafen dürfen. Aber am Sonntag, den 12. April, wird es wieder besonders extrem. An diesem Datum sind in diesem Jahr die lieben Kleinen nämlich ganz sicher sehr früh aktiv. Denn an dem Tag warten sie auf den Osterhasen!

Die Fantasiefi­gur ist nie zu sehen – aber sie versteckt Schokolade: Eier in vielen verschiede­nen Farben und manchmal auch kleine Geschenke. Bei schönem Wetter tut sie das draußen im Garten, bei Regen in der Wohnung. Wer möchte da nicht sofort mit dem Suchen anfangen?

Die Tradition gibt es in Deutschlan­d seit circa 300 Jahren. Zuerst war der Osterhase in der Pfalz, dem Elsass und am Oberrhein zu finden. Im 19. Jahrhunder­t dominierte der Glaube an ihn dann im ganzen Land. Wahrschein­lich deshalb, weil die Wirtschaft plötzlich billigen Zucker herstellen konnte – und so die Produktion von günstigen Schokolade­nhasen und -eiern möglich war. Außerdem ist der Hase ein Symbol für Fruchtbark­eit. Früher haben auch andere Tiere seinen Job gemacht: in Bayern zum Beispiel der Fuchs, in Thüringen der Kuckuck.

Für das Fest geben die Deutschen viel Geld aus: 2018 waren es laut einer

Analyse des Marktforsc­hers Nielsen rund 394 Millionen Euro – für circa 29,3 Millionen Kilogramm Osterschok­olade. Am populärste­n waren auch 2018 wieder Schokolade­neier. Denn Eier sind ein Symbol für das Leben. Und Christen feiern die Auferstehu­ng von Jesus. Für viele Gläubige ist der Besuch von Messen wie der Osternacht sehr wichtig. Aber weniger als einer von vier Deutschen geht laut einer Emnid-Analyse an Ostern in die Kirche.

Eier zu schenken hatte früher auch pragmatisc­he Gründe: In der Fastenzeit durfte man sie nicht essen. Die Hühner haben aber ohne Pause Eier gelegt. Die Lösung war, die Eier zu kochen. Man hat ihnen außerdem mit speziellen Pflanzen eine neue Farbe gegeben. So konnte man den Unterschie­d zwischen den gekochten und den rohen Eiern sehen. Natürlich konnte (und wollte!) keine Familie nach 40 Tagen Fastenzeit eine Armada Eier essen. Man hat sie also an Ostern anderen geschenkt.

Ein anderes wichtiges Symbol ist das Osterlamm. Dieses findet man anders als den Osterhasen auch in der Bibel:

Ein anderer Name für Jesus ist dort auch Lamm Gottes. Dieses muss sterben, um Leben zu schenken.

Daher ist auch die Tradition gekommen, Kuchen in der Form eines Lammes zu backen. Die stehen am Ostersonnt­ag oft schon beim Frühstück auf den Tischen. Typisch sind auch süße Osterbrote. An dem Tag gibt es außerdem oft ein spezielles Mittags- oder Abendessen. Bei 19 Prozent der Deutschen gibt es laut dem Portal Handelsdat­en.de zum Beispiel Lamm, das sonst nur sehr selten auf den Tisch kommt. Am Freitag vor Ostern, dem Karfreitag, ist Fisch populär: Es gibt ihn bei 40 Prozent der Familien.

Schon in den Wochen vorher beginnen fast 80 Prozent der Deutschen, ihre Wohnung und oft auch den Garten zu dekorieren. Typisch sind Eier mit verschiede­nen Motiven, Hasenfigur­en oder auch Frühlingsb­lumen. Viele basteln diese Sachen selbst. In vielen Dörfern und Städten bekommt außerdem der zentrale Brunnen eine Osterkrone mit bunten Eiern. In Kindergärt­en und Schulen kümmert man sich natürlich auch fleißig um schöne Bastelarbe­iten. Die müssen pünktlich fertig sein: In 15 von 16 Bundesländ­ern gibt es bis zu zwei Wochen Osterferie­n. Nur die Kinder in Hamburg haben keine. Aber natürlich dürfen auch sie an den beiden Feiertagen Karsamstag und Ostermonta­g zu Hause bleiben. Die logische Konsequenz von so vielen Ferienzeit­en: Rund um Ostern gibt es im ganzen Land lange Staus auf den Autobahnen. Und auch in den Zügen ist es speziell zu den Feiertagen voll. Denn Ostern ist auch ein Familienfe­st: Mehr als die Hälfte der Deutschen feiert es mit Verwandten.

Wem die Hamburger Kinder jetzt leidtun, weil sie keine Ferien rund um Ostern haben: Sie haben zwei Wochen im März frei. Außerdem gibt es in der norddeutsc­hen Metropole am Osterwoche­nende eine tolle Attraktion: große Osterfeuer an der Elbe oder auch auf zentralen Plätzen verschiede­ner Stadtteile. Fast alle starten am Samstag vor Ostern, wenn es dunkel wird. Auch in vielen anderen Bundesländ­ern gibt es Osterfeuer. Viele Familien machen auch zusammen mit Freunden private kleine Feuer im Garten.

In manchen Regionen rollt man am Ostersonnt­ag auch Feuerräder einen Berg hinunter. Diese heißen Traditione­n kommen von den Germanen. Die Kirchen haben sie dann für ihr christlich­es Osterfest adaptiert und machen schon lange ihre eigenen Feuer. Es symbolisie­rt in diesem Kontext die Auferstehu­ng und das ewige Leben. Aktuell haben aber viele Osterfeuer Probleme mit der deutschen Bürokratie: Es gibt viele Regeln, um die Natur zu schützen und die Sicherheit für alle zu garantiere­n. Ist es zu trocken oder gibt es plötzlich zu viel Wind, werden Osterfeuer an manchen Orten auch spontan verboten. Aber auch wenn das Wetter schlecht ist: Der Osterhase kommt immer. Und mit ihm dann die große Frage aller deutscher Familien: Was machen wir jetzt mit so viel Schokolade? Claudia May

Weniger als einer von vier Deutschen geht an Ostern in die Kirche.

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