„Seitensprung ist ein elegantes Wort, aber eine unfaire Sache in einer Partnerschaft.“
Eine seltsame Ruhe hat Deutschland in den letzten Wochen durch Corona erfasst. Während sich viele Menschen große Sorgen machen, einsam sind oder finanzielle Probleme haben, genießen andere diesen großen Unterschied zum sonst so stressigen Alltag. Leere Straßen, wo normalerweise Tausende Autos fahren. Familienfrühstück zu einer Zeit, wo im Kindergarten eigentlich schon der Morgenkreis zusammensitzen würde. Und während ich im Homeoffice diesen Text schreibe, hat meine Tochter im Nachbarraum Biologieunterricht, natürlich über das Internet.
Je länger diese Krise dauert, desto mehr rücken Phänomene in unser Blickfeld, die wir so nicht erwartet haben. Eines davon greifen wir in diesem Heft auf: Was macht die Leere der Städte eigentlich mit den vielen Wildtieren, die dort leben? Wussten Sie, dass Berlin auch die Wildtier-Hauptstadt Deutschlands ist? An keinem anderen Ort im Land leben zum Beispiel so viele Nachtigallen wie dort. Wie reagiert die städtische Tierwelt, wenn die meisten Menschen in ihren Wohnungen bleiben? Nicht nur in Berlin passiert da zurzeit Überraschendes. Die Schriftstellerin und Journalistin Kerstin Decker hat eine Reportage über das Phänomen geschrieben (ab Seite 14) – passend zur aktuellen Wachstumspause.
Wachstumspause? Okay, das habe ich jetzt absichtlich geschrieben, das Wort verwende ich sonst nicht. Richtig wäre: Wirtschaftskrise. Sprache kann lügen – und das oft so elegant, dass es auch Muttersprachler nicht immer merken. Unsere Redakteurin Claudia May hat für dieses Heft 77 Euphemismen und Umschreibungen gesammelt. Kleine Lügen, mit denen Menschen sich Dinge schönreden (ab Seite 24). Dieser sprachliche Unsinn wird wirklich benutzt. Wo Sie diese Wörter besonders oft finden? May hat da einen (vielleicht etwas sarkastischen) Tipp: „Reden von Populisten und Lobbyisten eignen sich wirklich sehr gut zum Lernen von Euphemismen. Sie sind aber sicher nichts für Anfänger – und können einen außerdem aufregen, wenn man den Sinn hinter vielen Umschreibungen dann wirklich versteht.“
Viel Freude mit diesem Heft wünscht Ihnen Ihr