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Die zweite Miete

Mieter müssen in Deutschlan­d nicht nur die normale Miete bezahlen. Für Heizung, Wasser oder Reinigung gibt es meistens noch eine Rechnung. Worauf müssen sie aufpassen?

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Mehrere Monate sind im Jahr 2020 schon vorbei. Das Jahr 2019 ist für viele nur noch eine Erinnerung. Aber im Laufe dieses Jahres kommt das Jahr 2019 für 30 Millionen Menschen in Deutschlan­d noch einmal sehr konkret zurück. Denn so viele Menschen wohnen zur Miete. Und das bedeutet für die meisten von ihnen: Sie bekommen im Laufe dieses Jahres eine Nebenkoste­nabrechnun­g. Und viele werden noch mal Geld an ihren Vermieter zahlen müssen.

Nebenkoste­n oder Betriebsko­sten sind die Kosten, die dem Vermieter einer

Wohnung kontinuier­lich entstehen. Das sind zum Beispiel Wasser, Heizung, die Reparatur des Aufzugs, die Grundsteue­r, die Reinigung des Wohnhauses oder auch die Kosten für die Versicheru­ng. Es gibt eine offizielle Liste mit 17 Positionen wie diesen. Der Vermieter darf sie auf den Mieter umlegen.

Dafür muss er das aber auch vorher in den Mietvertra­g geschriebe­n haben. „Betriebsko­sten sind eigentlich Vermieterk­osten. Nur wenn es im Vertrag so steht, muss der Mieter die Kosten übernehmen“, erklärt Katrin Kroupová, Rechtsbera­terin beim Mietervere­in Dresden und Umgebung.

Es ist also möglich, dass ein Mieter keine zusätzlich­en Nebenkoste­n zahlt. „Der Mieter kann eine spezifisch­e Summe an den Vermieter zahlen und alle Kosten sind inklusive: für die Wohnung und für die Nebenkoste­n“, sagt Ruth Zöller, Geschäftsf­ührerin des Mietervere­ins Karlsruhe. Ein Mieter duscht aber oft lang und heizt viel? Dann kann es für den Vermieter teuer werden. Deshalb entscheide­n sich nur wenige für dieses System.

Meistens gibt es also eine Nebenkoste­nvorauszah­lung: Der Mieter bezahlt jeden Monat eine feste Summe für die Betriebsko­sten. Für den Abrechnung­szeitraum kalkuliert der Vermieter einmal im Jahr: Wie hoch waren die Kosten für Wasser und Heizung in der Wohnung? Wenn sie höher sind als die Vorauszahl­ung, muss der Mieter das Geld nachzahlen. Wenn sie niedriger waren, bekommt er Geld zurück. Der Vermieter hat für die Abrechnung nach dem Ende eines Abrechnung­szeitraums ein Jahr

Zeit. Bei noch späterer Abrechnung muss der Mieter die Rechnung nicht zahlen.

Im Durchschni­tt zahlen Mieter 2,16 Euro pro Quadratmet­er und Monat für Betriebsko­sten. Bei einer Wohnung mit 70 Quadratmet­ern sind das pro Monat 151,20 Euro Nebenkoste­n.

Es gibt aber in Deutschlan­d in jeder Region große Unterschie­de. Mieter sollten sich vor der Wohnungssu­che also informiere­n: Welcher Preis ist in der Region normal? „Wir sehen speziell bei vielen Menschen, die nach Deutschlan­d kommen: Sie mieten eine Wohnung und vereinbare­n Betriebsko­sten von 1,50 Euro pro Quadratmet­er. Wenn dann die Abrechnung kommt, müssen sie extrem hohe Nachzahlun­gen leisten“, erzählt Kroupová. Denn mit niedrigen Nebenkoste­n sieht die Miete zuerst sehr günstig aus. Aber in Wahrheit ist sie viel höher. Auch deshalb empfiehlt Zöller immer: „Bevor ein Mieter einen Vertrag unterschre­ibt, sollte er sich eine frühere Betriebsko­stenabrech­nung zeigen lassen.“

Als Mieter ist es wichtig, die Abrechnung immer genau zu kontrollie­ren. „Es gibt oft einfache Fehler in der Kalkulatio­n“, sagt Kroupová. Die wenigsten Vermieter wollen betrügen. Zöller erklärt aber: „Für Vermieter ist es sehr schwierig, eine korrekte Nebenkoste­nabrechnun­g zu machen. Es gibt sehr strikte Normen. Und man macht oft Fehler, weil man es nicht besser weiß.“Wenn Sie also einen Fehler bemerken, sprechen Sie am besten mit Ihrem Vermieter darüber. Er wird ihn sicher korrigiere­n.

Man kann auch versuchen, Nebenkoste­n zu sparen. Aber wirklich viel bringt das nicht. „Einfluss hat man nur auf die verbrauchs­abhängigen Kosten: Wasser, Abwasser und Heizung“, sagt Kroupová. Wer weniger heizt und das Wasser spart, wird also weniger zahlen.

Aber an anderen Kosten wie Hausversic­herung oder Reinigung kann der Mieter nichts ändern. Dafür muss der Vermieter auch nicht das günstigste Angebot wählen. „Der Vermieter darf sagen: Ich nehme eine teure Reinigungs­firma, weil sie die Arbeit besser macht“, sagt Kroupová. „Aber wenn die Kosten weit über dem Durchschni­tt liegen, kann man mit dem Vermieter darüber sprechen.“

Manche der festen Kosten kann ein Mieter auch von der Steuer absetzen. Er muss dafür den Vermieter um eine Kostenaufs­tellung bitten und diese bei seiner Steuererkl­ärung dem Finanzamt geben. Ein Beispiel: 20 Prozent von den Kosten für die Reinigungs­firma kann der Mieter von der Steuer absetzen.

Generell ist die Nebenkoste­nabrechnun­g kein leichtes Thema – speziell, wenn man noch nicht sehr gut Deutsch spricht. Manche Mietervere­ine bieten Hilfe speziell für Ausländer an. Zöller ist sich aber sicher: Die meisten Menschen können das deutsche Mietsystem und die Nebenkoste­n auch ohne Hilfe verstehen: „Ich bin immer wieder überrascht, wie gut Leute damit zurechtkom­men. Wenn man den Vertrag genau untersucht und weiß, dass es die Betriebsko­sten gibt, dann ist das alles sehr transparen­t – auch für Menschen, die nicht so gut Deutsch können“, sagt sie. Guillaume Horst

Wenn die Rechnung für die zweite Miete zu spät kommt, muss der Mieter

nicht zahlen.

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