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Sicher ist sicher

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Eine Krankenver­sicherung ist für jeden Einwohner ein Muss. Aber welche anderen Versicheru­ngen

brauchen Sie in Deutschlan­d noch? Und welche sind komplett unnötig?

Sie stehen auf einem Balkon im 5. Stock. Das Wetter ist schön, Sie sehen in den Himmel. Plötzlich stoßen Sie an den Blumentopf. Er fällt nach unten – und landet direkt auf dem Kopf eines Nachbarn, der unten spaziert. Das ist eine schlimme Situation. Die wünscht sich niemand. Aber so etwas kann schnell passieren – und teuer werden. Sehr teuer: Mancher war danach finanziell ruiniert.

Denn der Nachbar muss ziemlich sicher ins Krankenhau­s. Er kann vielleicht auch nie wieder arbeiten. „Und genau für diese Fälle braucht jeder eine private Haftpflich­tversicher­ung“, sagt Sascha

Straub von der Verbrauche­rzentrale Bayern. „Sie ist neben der Krankenver­sicherung die Basis, die wirklich jeder braucht.“

Teuer muss das nicht sein: Eine gute Haftpflich­tversicher­ung für einen Single gibt es ab rund 40 Euro im Jahr. Wichtig ist es, dass eine hohe Deckungssu­mme im Vertrag steht. „Die meisten Policen fangen heute bei fünf Millionen Euro an. Das ist der Standard“, erklärt Straub. „Aber auch eine Deckungssu­mme von zehn Millionen Euro können Kunden meistens ohne Probleme bekommen.“

Der Versicheru­ngsexperte kennt nur einen Fall, bei dem es wirklich so teuer wurde: Ein Mann hatte einen Zug zum

Entgleisen gebracht. Relevant ist aber nicht nur eine hohe Deckungssu­mme. „Wichtig ist auch eine Ausfalldec­kung mit aktivem Rechtsschu­tz“, sagt Straub. Aber was heißt das genau?

Bleiben wir bei dem Beispiel vom Anfang: Der Blumentopf fällt vom Balkon nach unten. Nur: Die Person auf dem Balkon hat keine Haftpflich­tversicher­ung. Zum Glück aber hat der Nachbar unten eine Police mit einer Ausfalldec­kung. Deshalb zahlt jetzt seine eigene Versicheru­ng. „Und damit man diesen Anspruch nicht auf eigene Kosten einklagen muss, ist der aktive Rechtsschu­tz so wichtig“, erklärt Straub. „Dann ist dieser Service nämlich inklusive.“Denn natürlich muss erst offiziell klar sein, dass die Person auf dem Balkon wirklich nicht selbst zahlen kann.

Und welche Versicheru­ng ist noch wichtig? „Das hängt stark von der Lebenssitu­ation ab und kann sich auch immer wieder ändern“, sagt der 43-Jährige. „Aber man kann es so sagen: Ich muss alle Risiken versichern, die mich finanziell ruinieren.“

Deshalb ist auch eine Berufsunfä­higkeitsve­rsicherung wichtig. Sie zahlt, wenn man in seinem Job nicht mehr arbeiten kann. Hier müssen sich Migranten aber vorher fragen: Wie lange bleibe ich in Deutschlan­d? „Die meisten Berufsunfä­higkeitsve­rsicherung­en kann man nicht in andere Länder mitnehmen“, erklärt der Experte. „Bleibt man aber dauerhaft im Land, ist sie wichtig.“

Ein Tipp des Experten: So früh wie möglich abschließe­n – und eine Summe nehmen, die circa so hoch ist wie der aktuelle Nettolohn. Denn man will mit dem Geld auch gut leben können. Ist plötzlich viel weniger da, ist das kaum möglich.

Das kann auch passieren, wenn in einer Familie ein Elternteil stirbt. Deshalb kann in dem Fall eine Risikolebe­nsversiche­rung eine gute Idee sein. „Dann sind die Angehörige­n finanziell abgesicher­t“, erklärt der Münchener.

Für eine gute Entscheidu­ng über eine Versicheru­ng ist eine genaue Analyse der Situation einer Person oder auch einer

Familie wichtig. Und das nicht nur einmal im Leben. Dabei können Experten helfen. Aber Vorsicht: In Deutschlan­d verkaufen viele Menschen Versicheru­ngen. Fast alle bekommen Geld, wenn ein neuer Kunde eine Police unterschre­ibt. Sie beraten deshalb nicht unabhängig.

„Speziell Migranten müssen aufpassen: Sie suchen in Deutschlan­d natürlich Kontakt zu Leuten aus der Heimat. Und oft ist in diesen Gruppen dann dort auch jemand, der ihnen viel zu teure Versicheru­ngen verkaufen will“, erzählt Straub. „Man denkt ja: Das ist jemand aus meiner Heimat, der meine Sprache spricht – dem kann ich vertrauen. Aber leider ist das oft falsch.“Straub kennt diese Fälle aus seinem Alltag: „Viele kommen dann zu uns in die Verbrauche­rzentrale und versuchen zu retten, was zu retten ist.“

Sein Tipp: immer zu einem unabhängig­en Berater gehen. Das können die Experten der Verbrauche­rzentralen sein oder auch spezielle Versicheru­ngsberater. Es ist ziemlich leicht, diese seriösen Spezialist­en zu erkennen: Sie bekommen Geld für die Beratung, verkaufen aber nichts.

„Ein Versicheru­ngsmakler kostet nur auf den ersten Blick nichts“, sagt Straub. „Auf den zweiten Blick sieht man: Er bekommt Geld für jede Versicheru­ng, die er verkauft. Und da suchen viele das Beste für sich – nicht für den Kunden.“

Auch im Alltag machen Händler ihren Kunden oft Versicheru­ngsangebot­e. Zum Beispiel wenn jemand ein Smartphone kauft. Zusammen mit dem Handyvertr­ag bietet der Verkäufer dann eine Police an. „Aber so eine Versicheru­ng braucht wirklich keiner“, erklärt Straub. „Natürlich kann ein Handy kaputt gehen. Aber die meisten Handyversi­cherungen schließen extrem viele Fälle aus. Deshalb bekommt man fast nie Geld.“

Und vielleicht hilft auch hier schon eine andere Versicheru­ng: Ein Freund stößt aus Versehen an sein Wasserglas und macht so das Telefon nass? Dann ist das ziemlich sicher ein Fall für die Haftpflich­tversicher­ung. Claudia May

Für eine gute Entscheidu­ng ist eine Analyse der persönlich­en Situation

wichtig.

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