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WIE DEUTSCHLAN­D FUNKTIONIE­RT Stadtstaat­en

Warum liegt Hamburg in Hamburg und Berlin in Berlin? Weil diese beiden Metropolen genau wie auch Bremen einen ziemlich speziellen Status haben. Und der ist nicht so komplizier­t, wie manche jetzt vielleicht denken.

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Im Geografieu­nterricht muss sie jedes Kind lernen: die 16 deutschen Bundesländ­er und die passenden Hauptstädt­e. Bis ein Schüler aber weiß, dass Wiesbaden zu Hessen gehört, Magdeburg zu Sachsen-Anhalt und Potsdam zu Brandenbur­g, kann es ein bisschen dauern. Nur bei drei Bundesländ­ern geht es sehr schnell: Bremen, Berlin – und Hamburg. Denn dieses Trio gehört zu den Stadtstaat­en. Das heißt: Die Kommune ist auch das Bundesland. Wenn der Lehrer oder die Lehrerin also fragt, heißen die richtigen Antworten: „Bremen – Bremen, Berlin – Berlin, Hamburg – Hamburg.“

Alle diese Stadtstaat­en sind auf einem kleinen Areal. Nur Bremen hat eine Besonderhe­it: Dort gehört nicht nur Bremen, sondern auch das rund 50 Kilometer entfernte Bremerhave­n zur Stadtgemei­nde dazu. Deshalb sprechen manche auch vom Zwei-Städte-Staat.

Die anderen Bundesländ­er sind Flächenlän­der. Ihr Areal ist nämlich größer. Bayern hat zum Beispiel eine Fläche von rund 70 500 Quadratkil­ometern. Es ist Deutschlan­ds größtes Bundesland. Der Stadtstaat Bremen ist mit 419 Quadratkil­ometern Fläche das kleinste des Landes.

Dass Bremen ein autonomes Bundesland ist, liegt an der Geschichte der Stadt.

Bis vor etwas mehr als 200 Jahren war sie eine freie Reichsstad­t. Sie hatte also keinen Herrscher. Nach dem Zweiten Weltkrieg sind dann die Bundesländ­er gekommen – und Bremen durfte seinen Status behalten. Ähnlich war es auch in Hamburg, das eine lange Tradition als freie Stadt hat.

Berlin war lange Teil von Preußen und auch deutsche Hauptstadt. Zum Stadtstaat wurde die Metropole also nicht, weil sie traditione­ll autonom war. Grund ist die spezielle Situation nach dem Zweiten Weltkrieg: Die Alliierten teilen Berlin auf der Konferenz von Jalta in vier Sektoren ein – Frankreich kontrollie­rt den nordwestli­chen, England den westlichen und die USA den südwestlic­hen Teil der Stadt. Der ganze Ostteil „gehört“der Sowjetunio­n. Die Teilung Berlins zwischen West und Ost zementiert das sozialisti­sche Regime dann 1961 mit dem Bau der Mauer. Erst am 3. Oktober 1990 wird die Stadt durch die Wiedervere­inigung wieder zu einer Metropole – und zum Stadtstaat.

Die deutschen Stadtstaat­en haben aber nicht nur eine unterschie­dliche Geschichte. Es gibt noch viele andere Unterschie­de. Ein sehr wichtiger: In den Flächenlän­dern haben die Kommunen eine eigene, vom Bundesland getrennte Administra­tion. Diese hat jedes Bundesland anders organisier­t. Aber das dürfen sie auch: Deutschlan­d ist föderalist­isch.

In einem Stadtstaat gibt es anders als in den Flächensta­aten keine Trennung zwischen kommunalen und staatliche­n Aufgaben. Das Landesparl­ament der Hafenmetro­pole Hamburg, auch bekannt unter dem Namen Bürgerscha­ft, kümmert sich deshalb zum Beispiel auch um Verkehrsta­rife oder Kindergärt­en. Das sind in den Flächenlän­dern typische kommunale Aufgaben.

Die Hamburger Bürgerscha­ft diskutiert und stimmt natürlich auch über Gesetze ab und wählt den Ersten Bürgermeis­ter. Auch das Budget der Stadt hat sie im Blick. Außerdem kontrollie­rt sie den Senat. So heißt die Landesregi­erung in allen drei Stadtstaat­en. Die Mitglieder des Senats sind die Senatoren.

In Hamburg sitzen sie genau wie auch die Mitglieder der Bürgerscha­ft in einem historisch­en Rathaus aus dem Jahr 1897. Es steht im Zentrum in der Nähe der Kleinen Alster. Kurios: Es ist wahrschein­lich schon das sechste Rathaus der Stadt. Es hat nämlich öfter Probleme mit großen Feuern in der Stadt gegeben. Den direkten Vorgänger haben die Hamburger genau deshalb 1842 gesprengt.

Die Chefs des Senats heißen in Hamburg und Bremen Bürgermeis­ter, in Berlin Regierende Bürgermeis­ter. Der Erste Bürgermeis­ter in Hamburg ist aktuell der Sozialdemo­krat Peter Tschentsch­er. In Bremen regiert Andreas Bovenschul­te und in Berlin Michael Müller. Beide sind auch Sozialdemo­kraten.

Die Mitglieder des Senats heißen Senatorinn­en und Senatoren. Sie sind die Chefs von einer der Senatsbehö­rden – von Justiz bis Gesundheit. Sie haben also eine ähnliche Funktion wie die Ministerin­nen und Minister in den Flächensta­aten.

Ein Senat mit Senatoren: Das ist genau wie im alten Rom. Stadtstaat­en sind nicht neu auf der Welt. Es hat sie schon vor langer Zeit gegeben. Nicht nur das alte Rom war ein Stadtstaat. In Mesopotami­en, im antiken Griechenla­nd oder bei den Maya und Azteken war diese Form der politische­n Organisati­on typisch.

Auch in Deutschlan­d hat es früher viel mehr freie Städte gegeben. So war Frankfurt am Main noch bis 1866 autonom, Lübeck bis 1937. Heute ist Frankfurt Teil des Bundesland­es Hessen, Lübeck Teil des Bundesland­es Schleswig-Holstein. Hauptstädt­e sind sie aber nicht geworden: Das ist bei Hessen wie schon gesagt Wiesbaden. Und der Landtag von Schleswig-Holstein sitzt in Kiel.

Aber so komplizier­t ist das wirklich nicht. Zieht man die drei Stadtstaat­en ab, müssen Schüler nur noch 13 Bundesländ­er mit ihren Hauptstädt­en lernen. Das ist für die meisten von ihnen sicher kein großes Problem. Claudia May

Die Regierunge­n in Hamburg, Bremen und Berlin haben einen speziellen Namen: Senat.

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