Kolumne – Alias Kosmos
Die Regierung will mehr gegen Rassismus im Land tun. Dafür gibt es nun ein Komitee. Aber warum ist kein einziger Migrant dabei?
Neulich habe ich ein Foto entdeckt, bei dem ich nicht sicher war, ob ich weinen oder lachen soll. Nichts Lustiges eigentlich, eine Art Mosaik aus den Bildern bekannter deutscher Politiker: die Bundeskanzlerin, der Finanzminister, der Innenminister, der Außenminister, die Bildungsministerin, die Verteidigungsministerin, die Familienministerin … Mit insgesamt zwölf Personen fast das gesamte Bundeskabinett. Schockiert hat mich das, was über dem
Foto stand: „Kabinettsausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus.“
Eigentlich sehr sinnvoll, aber: Was haben all diese Menschen mit Rassismus und Rechtsextremismus zu tun? Ich behaupte: nichts. Außer, dass sie immer wieder darüber in den Notizen lesen, die ihnen von den – ebenfalls weißen deutschen – Mitarbeitern vorgelegt werden.
Immerhin hat es die Integrationsbeauftragte in diesen illustren Kreis geschafft. Sicher eine sehr kluge und engagierte Frau. Ich frage mich aber, warum im Jahr 2021 eine Person dieses Amt hat, die Annette Widmann-Mauz heißt. Ist sie vielleicht nur als Vertretung eingesprungen, weil Sibel, Natalya, Chizoba und Fatima im Mutterschutz sind? Oder sind sie gar nicht gefragt worden?
In Deutschland hat jeder Vierte Migrationshintergrund. Im Kabinettsausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus ist er aber gleich null. Und das nach den Morden an Ausländern durch die Terroristen der NSU Anfang der 2000er-Jahre, nach den Anschlägen in Hanau bei Frankfurt Anfang 2020. Kann bitte jemand der Regierung sagen, dass diese Zusammensetzung komisch wirkt? Wenigstens den bekannten Grünen-Politiker Cem Özdemir hätten sie doch fragen können, der hat türkische Eltern. Es gibt ja international Vorbilder. Als Justin Trudeau 2015 seine Regierung vorgestellt hat, schrieben deutsche Zeitungen über „das coolste Kabinett der Welt“. Zwei Sikhs waren dabei, ein Inuit, Einwanderer und Flüchtlinge. Zur Begründung sagte der kanadische Premier: „Weil es 2015 ist.“
US-Präsident Joe Biden hat nicht nur mit seiner Stellvertreterin Kamala Harris ein Zeichen gesetzt, sondern auch den ersten schwarzen Verteidigungsminister und den ersten Latino als Gesundheitsminister in seinem Kabinett, außerdem eine ganze Reihe von weiteren Regierungsvertretern und Wirtschaftsberatern, die Minderheiten repräsentieren.
Im Ausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus sind immerhin Frauen in der Mehrheit. Die Frauenquote ist ja inzwischen auch eine beschlossene Sache in Deutschland. Jetzt könnte man langsam über die Minderheiten-Quote nachdenken. Weil es 2021 ist.
Was haben alle diese Menschen mit Rassismus und Rechtsextremismus
zu tun?