„Ganz Deutschland lacht“
Die Deutschen haben keinen Humor? Kann sein. Aber was macht dann eine Satirepartei im deutschen und im europäischen Parlament?
Anders als die USA, die de facto nur zwei Parteien haben – die demokratische und die republikanische –, gibt es in Deutschland viele davon. Das ist nicht unbedingt besser, wie man nach der letzten Wahl gesehen hat. Es hat damals ein halbes Jahr gedauert, bis sich endlich zwei gefunden haben, die miteinander regieren wollten. Dabei blieben dann sogar Parteien übrig. Man hätte sie theoretisch auch fragen können, aber keiner wollte mit ihnen reden. Auch das ist im deutschen Mehrparteiensystem möglich.
So tolerant und vielfältig ist es, dass es sogar eine Satirepartei möglich macht. Sie hat genug Mitglieder, um gewählt werden zu dürfen. Ihre Inhalte sind aber nicht ernst gemeint oder nicht ganz ernst. Das beginnt schon mit dem Namen: Die Partei. Das ist eine Abkürzung für „Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative“.
Damit macht sie sich über die großen Parteien lustig, die ganz viele positive Begriffe für sich reklamieren, um mehr Wählerinnen und Wähler zu bekommen. Die Partei hat es geschafft: Sie ist nicht nur im Bundestag, sondern auch im Europaparlament.
Die seriösen und etablierten Parteien mögen Die Partei natürlich nicht. Je mehr sie aber kritisiert wird, desto lustiger wird es. „Was sollen eigentlich die
Wählerinnen und Wähler in der Ukraine denken, die nicht ins Wahllokal gelassen wurden?“, wurde der Chef der Partei einmal gefragt. Martin Sonneborns Antwort: „Ja, was sollen sie wohl denken? Zum Beispiel: ‚Verdammter Wodka, hab’ ich hier auch Lokalverbot?‘”
Mit Sonneborn würde ich mich auf keinen Fall anlegen. Er war früher Chefredakteur des Satiremagazins Titanic und hat für die TV-Sendung „Heute-Show“gearbeitet. Ein „halbwegs seriöses Umfeld“im Vergleich zum Brüsseler „Spaßparlament“. Dabei lehrte er die Mächtigen der Republik das Fürchten: Ganz Deutschland lacht bis heute über einen Sprecher der Deutschen Bank, den Sonneborn vor laufender Kamera das Finanzwesen erklären ließ. Der arme Mann, der nicht wusste, wer da vor ihm stand, kann wahrscheinlich bis heute nicht gut schlafen. Meinen größten Respekt hat Sonneborn seit seiner Aktion auf der Frankfurter Buchmesse 2018. Als Einziger hat er dagegen protestiert, dass der rechtsextreme Politiker Björn Höcke aus seinem neuen Buch lesen darf. Der Satiriker kam verkleidet als Hitler-Attentäter Stauffenberg – inklusive Augenklappe. Bei sich hatte er – wie Stauffenberg – eine Tasche, die er bei der Lesung abstellen wollte. Sicherheitsleute stoppten ihn. Aber Deutschland kann, finde ich, aufatmen. Wenn es so eine Satirepartei in den Parlamenten gibt, ist mit dem Land alles in Ordnung.
Je mehr die Satirepartei Die Partei kritisiert wird, desto lustiger wird es im
Land.