Kulturtipps
Zwischen 1902 und 1908 waren die Künstler Wassily Kandinsky und Gabriele Münter viel unterwegs – und malten, was sie dabei sahen.
Aauf Reisen hatten Gabriele Münter und Wassily Kandinsky ihr Atelier fast immer im Rucksack dabei. Mit Ölfarben, Paletten, Malpappen, Skizzenbüchern und einer Staffelei, die man zusammenklappen konnte, waren sie zwischen 1902 und 1908 viel unterwegs. Egal, ob in Bayern, in Holland, Tunesien, Italien oder in Paris: Auf ihren Reisen malten die beiden Künstler immer direkt vor dem Motiv unter freiem Himmel. So entstanden viele kleine Ölskizzen im impressionistischen Stil. Außerdem schufen sie Zeichnungen und Fotografien, denn Münter hatte auch ihre Kamera immer dabei.
Münter und Kandinsky sind vor allem als zentrale Mitglieder der expressionistischen Künstlergruppe Der Blaue Reiter bekannt, die 1911 gegründet wurde. Die Ausstellung „Unter freiem Himmel. Unterwegs mit Wassily Kandinsky und Gabriele Münter“, die bis zum 6. Juni im Münchener Lenbachhaus zu sehen ist, beschäftigt sich mit den Jahren davor.
1902 lernten sich Münter und Kandinsky kennen. Sie wollte zu der Zeit in München Kunst studieren, aber das war für Frauen noch nicht möglich. Sie kam an die private Phalanx-Schule, an der Kandinsky unterrichtete, und nahm an seiner Sommerklasse in Kochel am See südlich von München teil. Münter war die einzige Teilnehmerin mit einem Fahrrad, für Frauen galt das Radfahren damals als unschicklich. Auf dem Rad trug die Künstlerin einen weiten Hosenrock. Mit ihren Fahrrädern machten sich Münter und Kandinsky auf den Weg, um in der Landschaft zu malen. Dabei kamen sie sich nicht nur auf der Ebene der Kunst näher, die beiden wurden ein Paar.
Ein Jahr später, nach einer Sommerklasse in Kallmünz, waren Münter und Kandinsky inoffiziell verlobt. Er war aber noch mit einer anderen Frau verheiratet. Als Paar konnten sich die beiden deshalb
nicht überall zeigen. Unterwegs konnten sie aber zusammen sein. Ab 1904 machten sie internationale Reisen. Ihre Motive fanden sie in Landschaften oder in der Architektur – und sich selbst.
Die Ölskizzen der beiden Künstler haben einen modernen Charakter. Mit spontanen Skizzen wollten sie den Moment festhalten. Sie interessierten sich vor allem für Farben und die Stimmung des Lichts. An Druckstellen auf den Bildern sieht man, dass Münter und Kandinsky sie manchmal in noch feuchtem Zustand einpackten.
Die Ausstellung in München weckt mit den Werken die Sehnsucht nach dem Reisen. Manche der Bilder kann man sich neben Videos auch auf der Webseite des Museums ansehen. Ana Maria Michel