Kolumne – Alias Kosmos
Der Markt der Zeitschriften ist in Deutschland ziemlich groß. Leider sind viele davon langweilig – aber zum Glück
gibt es auch Innovationen.
Am Samstagmorgen zog mein Mann einen Verkaufskatalog, getarnt als Zeitschrift, aus dem Briefkasten: Die moderne Hausfrau hieß er. Auf der Rückseite: mein Name und meine Adresse. Ich fühlte mich irgendwie beleidigt. Um mich aufzumuntern, fing mein Mann an, daraus vorzulesen. „Fast schon ein Multitalent!“, stand unter dem Artikel „Rückenkratzer 2 in 1“: „An einem Ende Schuhlöffel und am anderen Rückenkratzer – wie praktisch ist das denn!“
Die moderne Hausfrau hat offenbar ein Faible für Sachen, von deren Existenz ich bisher nichts wusste. Zum Beispiel Badeschuhe mit Borsten auf der Innenseite und Saugnäpfen auf der Sohle, um sich an der Badewanne festzusaugen für „mühelose Fußreinigung ganz ohne Bücken“. Oder Treppen für Hunde, damit sie „mühelos“auf das Sofa kommen. „Wenn Sie Ihren Hund lieben, schenken Sie ihm diese Treppe!“, drohte Die moderne Hausfrau. Ich drohte meinem amüsierten Ehemann mit dem Abonnement für Selbst ist der Mann zum Geburtstag.
In Deutschland gibt es nämlich für alles eine Zeitschrift. Ein internationales Phänomen in Zeiten von Facebook und Instagram, sogar für das Lernen von Whatsapp-Funktionen gibt es die Whatsapp -Bibel. Natürlich ganz analog am Kiosk. Mithilfe von deutschen Zeitschriften kann man noch viel kompliziertere
Sachen lernen, das Nähen, Häuser bauen – oder die deutsche Sprache. Besonders oft gibt es aber Magazine für längst vergessen geglaubte Hobbys: Angelwoche, Lastauto Omnibus, Geflügelzeitung, Aquaristik oder die Deutsche Jagdzeitung, „das erfrischend andere Jagdmagazin für den praxisorientierten Jäger“.
Genauso „erfrischend“sind auch die Frauentitel: Frau von heute, Die neue Frau und Frau im Leben füllen die Kioske – neben all den Illustrierten, die Frauenvornamen als Titel haben, die in Deutschland heute nur noch die Großmütter tragen. Magazine, die mehr dem Zeitgeist entsprechen, tragen englische Namen wie Eat smarter!, Beef! oder My bike oder Adaptionen wie Visionen oder Emotion.
Total aus der Reihe fällt Pieks, ein neues Magazin, das „gesellschaftsrelevante Themen“behandeln will, „auch wenn es manchmal etwas weh tut.“Wer nicht sofort erkennt, dass es sich ums Impfen handelt, muss sich nicht schämen. Ist doch der Name auch falsch geschrieben. Eigentlich müsste es Piks heißen. Und piksen ist nichts anderes als stechen.
Wegen des langen i glauben aber sehr viele, dass da noch ein e hingehört, und schreiben das Wort falsch. Der Chefredakteur findet das cool. Er ist übrigens auch Chefredakteur von Aero International und dem Fliegermagazin. Die Situation dieser beiden Titel ist gerade vielleicht nicht ganz so cool. Ob Pieks dagegen hilft?
Sogar für das Lernen von WhatsappFunktionen gibt es am Kiosk eine Zeitschrift.