„Das Wetter kann ich nicht ändern“
Zu heiß, zu kalt, Schnee, kein Schnee: Im Luxushotel beschweren sich manche Gäste über ziemlich absurde Dinge. Warum liebt Pia Zumkley ihren Job an der Rezeption trotzdem so sehr?
Frau Zumkley, wie wird man die beste Rezeptionistin der Welt?
Ich habe mich mit einem Video bei einem Wettbewerb beworben. Es gab dann zuerst einen schriftlichen Test. Da musste man zum Beispiel auf Gastkommentare im Internet antworten. Danach fand online der praktische Teil statt. Das waren Rollenspiele mit Gästen an der Rezeption. Es war ziemlich ungewohnt für mich, das übers Internet zu machen.
Was ist bei den Rollenspielen passiert?
Das waren verschiedene Situationen aus dem Berufsalltag. Zum Beispiel der Reservierungsanruf eines Gasts. Die größte Herausforderung war eine sehr unzufriedene Dame. Sie hat sich wirklich über alles beschwert. Da ist es am wichtigsten, ruhig und höflich zu bleiben. Ich habe ihr zugehört und dann versucht, für alle ihre Beschwerden Lösungen anzubieten.
Gibt es so extrem schwierige Gäste wirklich?
Nicht oft, aber ja, es gibt sie. Manche Situationen sind auch ein bisschen absurd. Etwa, wenn sich Gäste bei mir über das Wetter beschweren. Zu heiß, zu kalt, Nebel, Schnee, kein Schnee – irgendetwas ist immer. Ich schlage den Gästen dann Aktivitäten für schlechtes Wetter vor, empfehle Museen und anderes. Aber das Wetter selbst kann ich nicht ändern.
Haben Sie bei einem Gast schon einmal die Geduld verloren?
Nein, bis heute hat es noch kein Gast geschafft, das zu provozieren. In diesem Job braucht man Nerven wie Drahtseile. Ich mag es nicht, wenn jemand schreit, unhöflich oder persönlich wird. Das passiert ab und zu. Auch dann bleibe ich ruhig.
In der Hotelbranche fehlt Personal. Die Arbeit gilt als hart und schlecht bezahlt. Warum haben Sie sich dafür entschieden?
Ursprünglich habe ich eine Ausbildung als Fachangestellte beim Rechtsanwalt gemacht. Dann war ich ein Jahr in Alaska und habe danach Abitur gemacht. Den Wunsch, im Hotel zu arbeiten, hatte ich schon länger. Also habe ich mich nach dem Abitur beim Hotel Kempinski in Berchtesgaden beworben. Dort bin ich seit Oktober 2019. Ja, der Beruf ist hart. Man steht oder läuft die ganze Zeit – komplett anders als in einem Bürojob. Aber ich mag meinen Job sehr. Auch die Schichtarbeit hat ihre positiven Seiten. Wenn ich früh arbeite, kann ich im Sommer nach Feierabend noch eine Bergwanderung machen.
Was gefällt Ihnen an Ihrem Job besonders gut?
Am liebsten mag ich den Kontakt mit den vielen verschiedenen Kulturen. Unsere Gäste kommen aus der ganzen Welt. Jeder dieser Menschen hat unterschiedliche Wünsche und Bedürfnisse. Ich lerne unheimlich viel – nicht nur bei der Arbeit an der Rezeption, sondern auch von Kolleginnen aus anderen Kulturen.
Was bedeutet die Pandemie für Ihren Beruf?
Der längste Lockdown im Hotel hat acht Monate gedauert. Das war schlimm, weil man gar nichts machen konnte. Manche Gäste sind durch die Pandemie nicht einfacher geworden. Sie wollen die Corona-Zeit mit ihrem Urlaub kompensieren. Wenn für sie nicht jedes Detail perfekt ist, werden sie sehr schnell sehr wütend. Aber es gibt auch die Gäste, die einfach glücklich sind, dass sie wieder bei uns Urlaub machen können. Interview: Eva Pfeiffer