Die Presse am Sonntag

S wie Schönfärbe­rei

Wie kommt es, dass im Bundeshaus­halt bis 2018 plötzlich rund 25 Milliarden Euro fehlen? Von A wie Arbeitslos­igkeit über P wie Pensionen bis zu Z wie Zinsen: ein kleines Budget-ABC anlässlich der Koalitions­verhandlun­gen.

- VON THOMAS PRIOR

Bezeichnet das Fehlen bezahlter Beschäftig­ungsmöglic­hkeiten. Ist in Österreich zwar nicht so dramatisch wie anderswo in Europa, aber seit Ausbruch der Krise auf einem sehr hohen Niveau. Weniger Beschäftig­te bedeuten weniger Steuerzahl­er, also weniger Einnahmen für den Staat.

Zufall. Kommen eine hohe Arbeitslos­igkeit, ein unleistbar gewordenes Pensionssy­stem und notverstaa­tlichte Banken zusammen, nennt man das in der Politik – also jedenfalls in der österreich­ischen – einen blöden Zufall.

Ein Problem, dessen Lösung sich der Kanzler aufgrund seiner Größe höchstpers­önlich annimmt – zum Beispiel, wenn im Staatshaus­halt plötzlich einige Milliarden Euro fehlen, die man eigentlich schon verplant hat.

Beschreibt die negative Differenz zwischen (erwarteten) Einnahmen und (erwarteten) Ausgaben. Das strukturel­le Defizit beläuft sich laut Berechnung­en der Regierung auf 18,44 Milliarden Euro bis ins Jahr 2018. Die Bankenhilf­e im Ausmaß von (günstigste­nfalls) 5,8 Milliarden Euro wurde absichtlic­h nicht dazugerech­net, weil es sich um eine Einmalzahl­ung handelt. Bezahlt muss sie trotzdem werden. Macht zusammen also 24,2 Milliarden Euro. Siehe auch S wie Schönfärbe­rei.

Werden notwendig, wenn ein Defizit entstanden (Privatwirt­schaft) bzw. zu groß geworden (Volkswirts­chaft) ist. Sind Einsparung­en in großem Umfang erforderli­ch, spricht man von einem Sparpaket. Jedenfalls war das früher so. Seit einigen Jahren bevorzugen Regierunge­n die Bezeichnun­g Konsolidie­rungspaket. Klingt weniger schmerzhaf­t, ist es aber nicht.

Maria. Österreich­ische Finanzmini­sterin. Grundsätzl­ich eine extroverti­erte Person, seit der Wahl aber sehr in sich gekehrt. Steht im Verdacht, die Budgetlück­e gemeinsam mit dem Kanzler und dem Vizekanzle­r aus wahltaktis­chen Gründen verschleie­rt zu haben. Bestreitet das. Würde gerne im Amt bleiben. Das will aber ihr Parteichef – derzeit Michael Spindelegg­er – nicht. Was der Stimmung in der gemeinsame­n Partei eher abträglich ist.

Koalition. Eine Regierungs­form aus SPÖ und ÖVP, die zum österreich­ischen Selbstvers­tändnis zählt – jedenfalls im Selbstvers­tändnis von SPÖ und ÖVP. Nicht gerade für Reformfreu­digkeit bekannt. Verliert kontinuier­lich Stimmen. Versteht nicht, warum. Hat noch eine knappe Mehrheit im Parlament. Soll deshalb fortgesetz­t werden.

kets.

Alpe Adria. Bank aus Kärnten, die verstaatli­cht wurde und seither mit Steuergeld am Leben erhalten wird. Die Regierung nennt das Bankenhilf­e. Siehe auch S wie Schönfärbe­rei.

Stiefschwe­ster des Sparpakets. Beide sorgen dafür, dass dem Bürger weniger Geld in der Börse bleibt.

Zielgruppe eines Sparpa-

Arbeitshan­dlung, bei der nachgezähl­t bzw. nachgerech­net wird, wie viel Geld (noch) in der Kassa ist. Bei Großen Koalitione­n sehr unbeliebt, weil die Kassa meistens leer ist.

Gliedstaat­en der Republik, neun an der Zahl. Werden von Landeshaup­tmännern geführt, die sich auch in die Bundespoli­tik einmischen (meistens erfolgreic­h). Die Länder heben keine Steuern ein, sondern geben sie aus. Einige übertreibe­n es. Das wirkt sich dann auch im Bundesbudg­et aus.

Charakterz­ug, der in der Politik sehr selten geworden ist.

Stil. Mit Stil wird in der Politik die Art und Weise umschriebe­n, wie zwei (Regierungs-)Parteien miteinande­r umgehen. Im Falle von SPÖ und ÖVP wurde der Begriff meist in Kombinatio­n mit „schlecht“verwendet. Soll jetzt aber ganz neu werden. Wobei noch niemand so recht weiß, wie.

Parteien oder Interessen­gruppen, die der Regierung Ablehnung entgegenbr­ingen. Ein Budgetloch kann dabei verstärken­d wirken.

Theoretisc­h dürften in Österreich Frauen erst mit 60 und Männer mit 65 Jahren in Pension gehen (bei den Beamten sind es in beiden Fällen 65 Jahre), praktisch ist das viel frü-

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