Die Presse am Sonntag

Die Damwildzüc­hter von

Seit zehn Jahren züchten Johannes Wiesmayer und Lydia Fuchs südlich von Wien Damhirsche – und beliefern mittlerwei­le die Spitzengas­tronomie.

- VON KARIN SCHUH

Zweimal hupen. Das ist für die rund 50 Tiere das Signal, sich in ihrem zwei Hektar großen Gehege in Richtung straßensei­tigen Zaun zu bewegen. Dann nämlich kommt Johannes Wiesmayer mit seinem kleinen Lieferwage­n angefahren und hat ein paar Säcke Karotten oder Äpfel im Gepäck. „Da wissen sie schon, dass es etwas zu fressen gibt“, sagt Wiesmayer, der in Hennersdor­f, zwei Kilometer südlich von Wien, gemeinsam mit seiner Lebensgefä­hrtin Lydia Fuchs eine Damwildzuc­ht betreibt.

Und tatsächlic­h: Kaum kommt der Wagen zum Stehen, drängen sich

Viele Muttertier­e sind seit dem Anfang dabei, der Hirsch wird alle zwei Jahre ausgetausc­ht.

schon 44 Damhirsche und auch die neun Soayschafe zum Zaun und wirken ein bisschen aufgeregt aufgrund der Vorfreude. Auch wenn es sich hier um keine Rehe, sondern um Damhirsche handelt, das Bild vom scheuen Reh wird schnell einmal ad acta gelegt. Diese Tiere fressen Wiesmayer und Fuchs buchstäbli­ch aus der Hand – allerdings nur solange sie ein Zaun von den Menschen trennt. Sicherheit­sabstand. Sobald die beiden nämlich das Gehege betreten, halten die Tiere einen beachtlich­en Sicherheit­sabstand ein. „Die wissen, dass da jetzt kein Zaun mehr zwischen uns ist“, sagt Wiesmayer, nimmt seine Frau huckepack und stapft in Gummistief­eln in das Gehege. Genau beim Eingang hat der Regen nämlich eine große Gatschlack­e gebildet. In der Mitte des vorderen Teils des Geheges bleiben die beiden stehen und versuchen, die Tiere für ein Foto anzulocken. „Man muss ihnen ein bissl Zeit geben“, sagt Wiesmayer. Die Hirsche sind zögerlich und geben lustige, quietschen­de Geräusche von sich. „Das ist die Kommunikat­ion zwischen den Muttertier­en und den Jungen“, erklärt er.

Wiesmayer betreibt seine Damwildzuc­ht seit zehn Jahren. 23 Muttertier­e hat er dafür zur Verfügung, der männliche Hirsch wird alle zwei Jahre ausgetausc­ht, „zur Blutauffri­schung“. Unter den Muttertier­en befinden sich hingegen schon „Gründungsm­itglieder“, wie er sie nennt. Neben den 20 Damwildkäl­bern befinden sich auch noch neun Soayschafe im Gehege. „Die sind aus der Buckligen Welt, die Bäuerin hatte wegen der schlechten Ernte kein Futter mehr für sie, also hab ich sie genommen und vor dem Hungertod gerettet. Ich weiß noch nicht, was wir mit ihnen machen.“ Ohne Geweih kein Respekt. Bei den 20 Hirschkälb­ern weiß er das aber genau. Im Juni sind sie auf die Welt gekommen, im Februar oder März wird Wiesmayer das Gehege betreten und sie dort mit einem Schuss erlegen. „Es gibt keinen Schlachtho­f und keinen Transport.“Dann nimmt er die Tiere aus, lässt das Fleisch drei bis vier Tage reifen, zerlegt und verkauft es. Der Nachschub ist schon in Arbeit. Ende Oktober, Anfang November hat der Hirsch seinen großen Auftritt und paart sich mit den Damtieren, wie die weiblichen Damhirsche genannt werden. „Da nimmt er ein Drittel seines Gewichts ab und verzichtet auf alle anderen Genüsse, da hat er nur eines im Sinn“, sagt Wiesmayer. Seine Lebensgefä­hrtin hat auch noch gleich eine Anekdote über das Tier mit dem hübschen Geweih parat: Im April, wenn er sein Geweih verliert, verlieren auch die Weibchen den Respekt vor dem Hirsch. „Das genießen die Damen, da sekkieren sie ihn“, sagt sie. „Ja, da kommt er sich nackt vor und weiß, wie schiach er ist“, pflichtet er ihr bei.

Auf die Idee mit dem Damwild ist Wiesmayer, ein passionier­ter Jäger, durch Zufall gekommen, wie er sagt. „Ich hab zwölf Jahre in der Autobranch­e gearbeitet. Irgendwann war ich mit meiner Tochter auf Urlaub in der Steiermark und hab ein Damwildgeh­ege gesehen. Da hab ich mir gedacht, dass

Wenn der Hirsch sein Geweih verliert, verlieren die Weibchen den Respekt.

das bei uns doch auch gehen muss. Das sagt man zwar nicht, aber mir geht die landwirtsc­haftliche Raunzerei auf die Nerven.“Also hat er einfach mit ein paar Tieren begonnen, eher blauäugig, wie er meint. Um das Futter musste er sich nicht lange kümmern, dafür wird bis heute all das verwendet, was in der Landwirtsc­haft seines Bruders nicht gebraucht wird. Die ersten Versuche haben funktionie­rt – und wurden auch gleich von der Spitzengas­tronomie positiv angenommen. „Der erste Kunde war Joachim Grad- Seit zehn Jahren betreiben Johannes Wiesmayer und Lydia Fuchs die Damwildzuc­ht Wiesmayer Wild im niederöste­rreichisch­en Hennersdor­f. Zusätzlich vertreiben sie Wild von befreundet­en Jägern. Im Landladen (Hauptstraß­e 33, 2332 Hennersdor­f) wird mittwochs und donnerstag­s ab 17 Uhr Wild verkauft, ab 18 Uhr wird hier gekocht (Reservieru­ng unter 0664/132 92 68, www.wiesmayer-wild.at). Infos zur Wildzubere­itung: www.wildbret.at Lydia Fuchs betreibt zusätzlich die Mahloase Fuchs, die gern für Kindergebu­rtstage gebucht wird (inklusive Hirschbesi­chtigung). Infos unter www.mahloase-fuchs.at

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