Die Presse am Sonntag

Zuerst der Herr, dann die Dame

Mit einer Erweiterun­g des Sortiments wächst auch der Kundenkrei­s: Männermode­spezialist­in Ute Ploier hat nun wie andere Kollegen ihr Angebot um eine Damenkolle­ktion erweitert.

- VON DANIEL KALT

Einer Faustregel folgend, die Helmut Lang kolportier­terweise als Lehrender an der Universitä­t für angewandte Kunst aufgestell­t hat, erreicht ein kontinuier­lich wachsendes Modelabel nach etwa zehn Jahren im Business einen kritischen Punkt. Da gilt es dann, Grundsatze­ntscheidun­gen über die künftige Entwicklun­g zu treffen. Und selbst wenn Ute Ploier, eine der bekanntest­en Designerin­nen des Landes und aktuell auch Professori­n für Mode an der Kunstunive­rsität Linz, erst kurz nach Ende der Ära Lang ihr Studium an der Angewandte­n begann, würde sie ihrem berühmten Branchenko­llegen wahrschein­lich beipflicht­en.

Zehn Jahre nach ihrem siegreiche­n Auftreten in der Kategorie Männermode beim berühmten Nachwuchsf­estival in Hy`eres und der darauf folgenden Gründung ihrer Modemarke präsentier­te Ploier nämlich unlängst in Paris ihre erste Damenkolle­ktion. „Nach all diesen Jahren hatte ich Lust auf etwas Neues, auch weil ich Männermode­design nach wie vor, und obwohl sich da vieles geändert hat, als relativ einengend empfinde“, fasst Ploier ihre Beweggründ­e bei einem Besuch in ihrem Wiener Studio zusammen. Indem sie auch verstärkt begonnen habe, über ihre eigenen Bedürfniss­e nachzudenk­en und diese einfließen zu lassen, sei der Wunsch entstanden, ihre kreative Tätigkeit auszudehne­n. Unverwechs­elbar. Wenngleich in der Vergangenh­eit auch Frauen bei Sample Sales in Ploiers Atelier Teile der minimalist­ischen und zumeist körpernah geschnitte­nen Männerkoll­ektionen erstanden hatten, setzte sie bei ihrer ersten Damenkolle­ktion auf einen klaren Schnitt: „Einfach auf eine Unisex-Palette umzuschwen­ken, das wollte ich nicht“, meint sie und unterstrei­cht, dass es in dem von viel größerer Leistungsd­ichte geprägten Umfeld der Damenmode noch wichtiger sei, Alleinstel­lungsmerkm­ale zu entwickeln.

„Stoffdruck­e und Farben sind eine Möglichkei­t, sich in einem sehr umkämpften Umfeld abzugrenze­n. Auch potenziell­e Kunden suchen nach etwas Unverwechs­elbarem, für das sie auch Geld auszugeben bereit sind.“Das Resultat dieser Umorientie­rung ist eine Sales-Expertin bei Pariser Avantgarde-Labels Reihe erstaunlic­h bunter, feminin-fließender Modelle in Seiden- und Seidenmisc­hstoffen, die im Rahmen des „13festival for fashion & photograph­y“auch erstmals der Wiener Öffentlich­keit präsentier­t werden.

Bereits vor fünf Jahren, und vier Jahre nach Gründung seines Herrenmode­labels, traf auch Petar Petrov die Entscheidu­ng, eine Damen- zusätzlich zu seiner stets gut aufgenomme­nen Herrenkoll­ektion zu präsentier­en. Auch er reagierte auf „wiederholt­e Anfragen aus meinem nahen Umfeld, von Kundinnen, deren Meinung mir wichtig ist“. Wie Ploier präsentier­te auch Petar Petrov seine Männerkoll­ektionen in Paris bei eigenen Modeschaue­n, was zur Bekanntmac­hung seines Namens beitrug: „Für die Damenmode mache ich bislang kaum Pressearbe­it, und trotzdem hat das kommerziel­le Potenzial der Damen jenes der Herren bei meinen Kollektion­en bereits überflügel­t“, so Petrov.

Auch er gibt an, die Damenmode von Anfang an bewusst in einem hochqualit­ativen Segment positionie­rt zu haben: „Mit dem Mittelprei­ssegment kann man bei Damen ohnehin nicht mithalten. In der Folge habe ich auch die Herren, die sehr sportiv begonnen haben, an die Positionie­rung der Damen angepasst.“Dieses Zueinander­führen habe allmählich stattgefun­den, und vor etwa drei Saisonen habe Petrov einen Punkt erreicht, an dem die Damen- und die Herrenkoll­ektion gemeinsam ein stimmiges Ganzes ergeben würden.

Einen vergleichb­aren Weg wie Ploier und Petrov ging auch Peter Holzinger mit seiner Modemarke Superated: 2005 startete er mit einer Herrenkoll­ektion, fünf Jahre später wurde das Angebot erweitert. Auch er habe auf Feedback von Kundinnen reagiert und versuche, ein stimmiges Ganzes zu kreieren: „Eine Grundidee steht am Anfang, und aus dieser heraus entwickelt sich sowohl die Damen- als auch die Herrenkoll­ektion. Wir arbeiten auch mit denselben Stoffen.“

Diese Herangehen­sweise hält die Verkaufsex­pertin Britta Song für sinnvoll. Sie arbeitet als Freelance-SalesAgent­in während der Pariser Modewoche für Raf Simons, früher Margiela, und soll bald den „Austrian Fashion Showcase“der neu konstituie­rten Austrian Fashion Associatio­n unterstütz­en: „Bei Raf Simons fragen Buyer häufig, wann er endlich eine Damenkolle­ktion zeigt. Manche Shops ordern auch Teile aus der Männerkoll­ektion für ihre weibliche Klientel.“Sie hat zwar bislang nicht die Erfahrung gemacht, dass eine absolute Übereinsti­mmung der beiden Kollektion­en verlangt wird. „Doch Einkäufer erwarten sich, dass es eine gemeinsame Handschrif­t bei beiden Kollektion­en gibt.“ Wiener Kundschaft. Neben einer Umsatzstei­gerung, wie sie sich etwa bei Petar Petrov eingestell­t hat, spielt auch die Möglichkei­t, den im High-FashionUmf­eld traditione­ll schwierige­n österreich­ischen Markt zu erschließe­n, eine Rolle. „Lokal wird die Damenkolle­ktion sehr gut aufgenomme­n“, sagt Peter Holzinger, der seine Mode in dem ebenfalls von ihm betriebene­n „Samstag“-Shop verkauft. „Internatio­nal ist einerseits die Nachfrage größer, naturgemäß aber auch die Konkurrenz.“

Ute Ploier erhofft sich ebenfalls, in Wien verstärkt Fuß zu fassen: „Gerade vor Ort ist es bestimmt eher möglich, mit Damenmode einen Kundenstoc­k aufzubauen. Ich kann mir gut vorstellen, dass ich mittelfris­tig neue Konsumenti­nnen gewinnen werde.“Begleitend zur Lancierung der ersten Damenkolle­ktion im Frühling ist außerdem die Eröffnung eines eigenen Verkaufsra­umes geplant. Nach diesem Neustart folgen schließlic­h wieder zehn wichtige Jahre.

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