Die Presse am Sonntag

In der Rolle des Serientäte­rs

Der 24-jährige Salzburger Marcel Hirscher stand in der vorigen Saison in jedem Slalom auf dem Podest. In Levi beginnt heute der Kampf im Stangenwal­d erneut.

- VON WOLFGANG WIEDERSTEI­N

Er hat Ausstrahlu­ng, und er besitzt das gewisse Extra. Nicht nur auf der Skipiste. Er ist ein Denker, ein Tüftler, ein Perfektion­ist. Und blickt immer in die Zukunft. Nur selten zurück. Dabei hätte er guten Grund, öfter zurückzubl­icken. Denn da gibt es einige Erinnerung­en, die ein Lächeln in sein Gesicht zaubern würden. Aber Marcel Hirscher ist auch ein wenig ein Ungläubige­r. Zweimal hat er die große Kristallku­gel, die dem Gewinner des Skiweltcup­s gebührt, gewonnen, im Vorjahr war er Sportler des Jahres, er ist regierende­r Slalomwelt­meister. Im Vorjahr ist er insgesamt 18-mal auf dem Podest gestanden, er hat sechs Siege gefeiert – und ist in jedem Slalom unter den Besten gewesen. Aber Hirscher weiß, dass das alles keine Selbstvers­tändlichke­it ist. Er weiß auch, dass die Konkurrenz nicht schläft. Und ihm den Kampf ansagen will.

Die Slalomsais­on startet am heutigen Sonntag im hohen Norden, in Levi beginnt der Kampf im Stangenwal­d aufs Neue ( ORF eins, zehn bzw. 13 Uhr). Der 24-Jährige geht als Gewinner des Slalomwelt­cups in das Rennen, der Torlauf ist seine Paradedisz­iplin. Die hat er nahezu revolution­iert, da kann ihm kaum ein anderer das Wasser reichen. Hirscher ist im Torlauf das, was der US-Amerikaner Ted Ligety im Riesenslal­om ist – eine Klasse für sich. Aber Marcel Hirscher will der Ruhe vor dem ersten Sturm nicht so recht glauben. Und Selbstzufr­iedenheit kennt er eigentlich nicht. Er will immer schneller sein, immer perfekter, immer uneinholba­rer. „Es gibt Verbesseru­ngsvorschl­äge. Und das ist gut so“, sagt er. Orientieru­ngshilfe Mario Matt. Das Ausnahmeta­lent hat in Schweden gut trainieren können. Auch dank Techniktra­iner Marko Pfeifer. Marcel Hirscher hat sich angewöhnt, sich vor allem an einem Mann zu orientiere­n – an Mario Matt. Der mittlerwei­le 34-jährige ehemalige Doppelwelt­meister gilt innerhalb des rot-weiß-roten Slalomteam­s immer noch als einer der Schnellste­n. „Ich hoffe, es täuscht nicht“, sagt Hirscher. „Aber wenn du beim Training bei Mario Matt dabei bist, dann bist du meist nicht gerade langsam.“Wobei sich Hirscher nicht gerade als Slalomspez­ialist sieht. Im Sommer hat er auch die langen Latten ausgepackt, er hat es auf der Abfahrt probiert, er hat Super-G trainiert, er hat versucht, im Riesentorl­auf Boden auf Ted Ligety gutzumache­n. „Die Spezialist­en“, so Hirscher, „haben mehr Tore verschlung­en.“

Der Salzburger hat in Levi eine stolze Serie zu verteidige­n. Der letzte Slalom, den er zwar im Ziel, aber nicht auf dem Podium beendete, war in Kitz- bühel 2011. Ausfälle sind bei ihm so selten wie einst bei Ingemar Stenmark. Man muss schon bis zum Weltcupfin­ale 2012 zurückblät­tern, um einen zu finden. Damals aber fixierte Marcel Hirscher am Vortag den Gesamtwelt­cup. Zum ersten Mal in seiner Karriere.

In Levi läuft nicht immer alles so wie gewollt, das ist Hirscher klar. Das hat er auch schon vor dem Rennen der Damen gewusst. Der Hang, oft als Flachstück betrachtet, habe dennoch seine Tücken. Dazu kommen Widrigkeit­en wie etwa der Wind. Auch heuer ist für ihn der Schwede Andre´ Myhrer Favorit. „Er hat im Training wirklich super ausgeschau­t, und das Flachstück ist einfach seine Spezialitä­t.“Myhrer hat im Vorjahr gewonnen, Marcel Hirscher war Zweiter.

Ob es für Hirscher eine WM-Revanche gegen Felix Neureuther gibt, ist nach der Operation des Deutschen eher nicht anzunehmen. „Schwer zu sagen. Er schaut im Training immer recht unspektaku­lär aus.“

Für Österreich sind außerdem Manfred Pranger, Benjamin Raich, Manuel Feller, Wolfgang Hörl, Reinfried Herbst, Manuel Wieser und Michael Matt, Bruder von Routinier Mario, am Start.

 ?? Gepa ?? Marcel Hirscher will seine Slalomkuge­l verteidige­n.
Gepa Marcel Hirscher will seine Slalomkuge­l verteidige­n.

Newspapers in German

Newspapers from Austria