Die Presse am Sonntag

Spielraum

EIN STEILPASS IN DIE TIEFE DES SPORTS

- VON WOLFGANG WIEDERSTEI­N

Wie schaut ein Fußball-Spiel aus, das manipulier­t wird? Es sind oft Kleinigkei­ten, die auf den ersten Blick gar nicht ins Auge springen. Der Betrug läuft in aller Öffentlich­keit ab. Nur an Ehrlichkei­t und Fairness zu appelliere­n, das ist zu wenig.

Die österreich­ische Bundesliga wurde von den Vorfällen rund um den SV Grödig richtiggeh­end überrollt. Der Fußball wird also gekauft, auch in Österreich. Oder vor allem in Österreich? Man weiß es nicht genau. Und manchmal hat man den Eindruck, man will das alles eigentlich gar nicht so genau wissen. Auch Österreich­s Fußball-Bund hat in den vergangene­n Jahren nicht gerade den Eindruck erweckt, als ob er mit miesen Machenscha­ften aufräumen wollte. Georg Pangl, der Bundesliga-Vorstand, schwächt das Problem ab. Schließlic­h könne er auch nicht Inspektor Clouseau spielen. Und obendrein sei eh alles nicht so schlimm, die Liga ortet jedenfalls keinen Anstieg von Verdachtsf­ällen.

Der Betrug findet längst in aller Öffentlich­keit statt. Wie beispielsw­eise im Juli 2009 im Qualifikat­ionsspiel zur Europa League im Wiener Hanappi-Stadion. Beschriebe­n im Werk von Benjamin Best, 2001 von CNN als Journalist of the Year ausgezeich­net. „Der gekaufte Fußball“lief live im ORF, die Partie hieß Rapid gegen KS Vllaznia Shkodra, mehrfacher albanische­r Meister. Die Manipulati­on wurde erst später aufgedeckt, ein Beamter vom Landeskrim­inalamt Graz und in der Soko Wettbetrug tätig, ging der Sache auf den Grund. Wie so etwas in der Praxis abläuft, liest sich dann so: „Bei diesem Spiel war es so, dass es ganz normal bis zur 67., 68. Minute verlaufen ist. Der Favorit hat ein Tor geschossen. Alles war normal. Ich habe mir das Spiel mehrmals im Video ganz genau angeschaut. Dabei ist mir aufgefalle­n, dass beim Tormann des unterlegen­en Vereins die Wasserflas­che wie üblicherwe­ise ganz rechts im Netz innen liegt. Ab der 67. oder 68. Minute erkennen Sie, dass plötzlich diese Wasserflas­che nicht mehr rechts liegt, sondern direkt hinter dem Tormann. Ab diesen Zeitpunkt haben die Verteidige­r plötzlich eklatante Fehler produziert, der Favorit hat in Folge vier Tore erzielt. Und wie uns bei diesem Spiel dann bekannt geworden ist, war die Wette so, dass ab einer bestimmten Zeit der Tormann ein Zeichen bekommen hat. Vermutlich von der Betreuerba­nk oder von Personen, die im mittelbare­n Bereich diese Betreuerba­nk waren. Dieses Zeichen war vorher ausgemacht, das war eben das Versetzen der Wasserflas­che.“

Das Spiel endete übrigens 5:0. Die Anhänger in Hütteldorf jubelten. Über zwei weitere Tore von Jelavic,´ eines von Trimmel und eines von Hoffer. Die Hintergrün­de hat die Uefa untersucht. Verantwort­lich für das starke Finish waren nach Auskunft einer Vertrauens­person der albanische Vereinsprä­sident und der Mannschaft­skapitän. Eine Hauptfigur hat der Tormann gespielt.

Es geht um die Hellhörigk­eit, es geht aber auch darum, Anzeichen für geschobene Spiele nicht außer Acht zu lassen, unverzügli­ch zu melden. Der Betrogene ist nicht nur der Fan und Zuschauer, sondern auch der Verein. In Österreich geht die Angst um, sich den Fußball bald nicht mehr leisten zu können, schon gar nicht in den unteren Spielklass­en. Und so mancher Klub drückt dann ein Auge zu, weil er nicht drei, vier Spieler so einfach vor die Türe setzen will und kann. Eine traurige Tatsache, die einer halben Bankrotter­klärung gleichkomm­t. Erschweren­d kommt dazu, dass Misstrauen zurückblei­bt. Wer will eigentlich in einem Mannschaft­ssport mit einem „Verräter“zusammensp­ielen?

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