Festwochen für die Kunst
Klassisches von Gabriele Münter oder Carl Moll, Dynamisches von Giacomo Balla, Humorvolles von Erwin Wurm oder Victor Brauner: Die November-Auktionswoche des Dorotheums, des größten Auktionshauses im deutschsprachigen Raum, legt ihren Schwerpunkt auf zeitgenössische Kunst, Klassische Moderne, Jugendstil und Silberschätze.
Zeitgenossen gefragt
Die Auktion Zeitgenössische Kunst am 27. November wartet mit Größen aus dem 20. Jahrhundert auf: Von Lucio Fontana, dem wohl bedeutendsten und einflussreichsten Künstler Italiens im späten 20. Jahrhundert, hält das Dorotheum in seiner Auktion den emblematischen, knallgelben „Concetto spaziale, Attesa 68 T 77“bereit. Elemente des Informel weist Hans Hartungs abstrakte Leinwand mit dem technoiden Titel „T 1948-36“auf. Der spontane Ausdruck gänzlich getilgt ist dagegen bei den Farbkompositionen eines Max Bill oder Josef Albers. Verwendet Albers Industriefarben, macht Ali- ghiero Boetti, Protagonist der Arte Povera und von Fontana beeinflusst, die Industriefarbe zum Thema seines Bildes „Rosso Corallo 102“aus dem Jahr 1967.
Die Welt als Scheibe
Eine jüngere Skulptur von 2006 ist auch dabei: Das komische, lebensgroße wie raumfüllende Ergebnis des österreichischen Kunststars Erwin Wurm heißt „The artist who swallowed the world when it was still a disc“. Bei ihm erscheint die Welt in Form einer Scheibe und wird prompt verschluckt. Weiters demonstrieren verschiedene Arbeiten von Franz West, Herbert Brandl, Adolf Luther, Thomas Schütte, Enrico Castellani, Willem de Kooning und vielen anderen die Bandbreite des Angebots.
In die kalte Jahreszeit entführt Gabriele Münters 1933 entstandenes Stimmungsbild „Winter in Elmau“, eines der Top-Lose bei der Klassischen Moderne am 28. November 2013. Anfangs Mitglied der Künstlergruppe „Der Blaue Reiter“, blieb die Künstlerin im Gegensatz zu Kandinsky und seinen abstrakten Bildern bei der figurativen Malerei. Ihre Landschaften, Figurenszenen und Porträts zeigen dabei eine Reduktion auf das Wesentliche.
Die italienische Moderne ist ebenfalls bestens vertreten mit Giorgio de Chirico mit seinem Werk „Piazza d’Italia“sowie einer Reihe von Arbeiten des Futuristen Giacomo Balla – darunter die bekannte dynamische Skulptur „Linee di forza del pugno di Boccioni II“. Diese – auf Deutsch – „Kraftli- nien von Boccionis Faust“entstanden 1915 und galten als Symbolfigur der futuristischen Bewegung. Das Exemplar des Dorotheums ist eine von neun Repliken und stammt aus dem Jahr 1968.
Das Hauptwerk der österreichischen Moderne der Auktion stammt von Carl Moll, einem Mitbegründer der Wiener Sezession. Um 1900 entstand die quadratische, kühn komponierte, vom Impressionismus geprägte Wien-Ansicht mit dem Titel „Blick von der Hohen Warte auf Heiligenstadt“. Weitere Werke sind von Otto Dix, Gustav Klimt, Egon Schiele, Victor Brauner, Max Oppenheimer.
Bibel und Bonbons
Eine sehr seltene und kostbar gearbeitete, mit Perlen und Diamanten besetzte Cloisonne-´ Ikone des bekannten Hoflieferanten Pawel Owtschinnikow schmückt die Silber-Auktion am 25. November. Tafelgeschirr aus allen berühmten Silbermanufakturen Europas steht zur Auswahl, etwa ein Nürnberger Renaissance-Deckelhumpen. Top-Los in der Sparte Jugendstil am 26. November ist weiters ein Sessel aus der Villa Aubecq, Brüssel, entworfen von Victor Horta. Eine 1900-Weltausstellungsvase von Franz Hofstötter, Ausführung Lötz Witwe, und die Keramikplatte „Gli amanti“von Gio Ponti aus 1923 zählen zu den Höhepunkten dieser Sparte. Ein kleines, silbernes Bonbondöschen von Dagobert Peche, entworfen 1916, ist ein Produkt der Wiener Werkstätte.
Allesamt Gründe für Kunstliebhaber, sich den 25. bis 29. November fest im Kalender anzustreichen. Vertiefendes und Theoretisches zum aktuellen Wiener Kunstgeschehen und Blicke hinter die Kulissen gibt es eine Woche zuvor in ganz Wien bei der neunten Vienna Art Week.