Amphitryon nach dem Liebeswahn
Im Schauspielhaus Graz wir© Heinrich von Kleists Komö©ie ©es Żãsoluten Zweifels von WŻlter MeierjohŻnn knŻpp un© stimmig inszeniert. Neãen pr´chtiger Komik giãt es Żuch AnlŻss zur Reflexion.
Merkur, mit nacktem Oberkörper und Engelsflügeln auf dem Rücken, betritt vom Zuschauerraum aus die Bühne des Grazer Schauspielhauses: Er legt eine Platte auf. Verführerischer Jazz. Walter Meierjohann, dessen straffe und gekonnte Inszenierung am Freitag Premiere hatte, legt Heinrich von Kleists fantastisches Verwechslungsspiel beschwingt und locker an.
Merkur schnippt mit den Fingern. Es wird dunkel, die Bühne dreht sich. Er kann zaubern, versetzt uns nach Theben, zum Schloss des Amphitryon. Eine hohe, goldene Wand ohne Fenster, mit massiver, geschlossener Tür steht im Zentrum. Die Welt, die Steffi Wurster hier auf die Bühne stellt, ist fast leer. Vorn gibt es zwei Pools, hinten nur Fassade und eine kleine Garderobe, deren Spiegel Glühbirnen säumen. Ist der Feldherr zu Hause, bei seiner geliebten Frau Alkmene?
Ansichtssache. Amphitryons Diener Sosias zum Beispiel, der anfangs im Finstern mit seiner Taschenlampe durch den Zuschauerraum stolpert, glaubt, dass sein Herr noch im Feld ist. Hat der ihn doch eben nach Theben geschickt, damit er Alkmene vom Sieg über die Athener berichtete. Doch das Haus bleibt Sosias versperrt. Ihm stellt sich Merkur entgegen, der die Gestalt des Dieners annahm. Er soll verhindern, dass Jupiter in der künstlich verlängerten Liebesnacht mit Alkmene gestört wird. Der Göttervater hat sich in den Gatten verwandelt, der Olymp ödet ihn an. Er will Menschenfleisch. Bald wird das Paar aus dem Palast treten, sie noch völlig weggetreten vom enthemmten Sex, er wie ein Pfau, der zu seichter Cocktailbar-Musik tänzelt. Egomanen. Jan Thümer entwickelt in seiner Doppelrolle als Jupiter und Amphitryon zwei sehr unterschiedliche Körpersprachen. Der Gott ist gelöst bis zur Albernheit, der Mensch ist verspannt. Alkmene glaubt noch fest daran, mit ihrem Gatten geschlafen zu haben. Doch auch sie wird bald eine schwere Identitäts- und Ehekrise haben wegen der göttlichen Verstellung. Das Spiel ist nicht harmlos, sondern grausam. Zwei Egomanen wollen sich auf Kosten der Frau definieren. Deren Bild vom Mann wird durch das Mannsbild an sich ernüchtert. Katharina Klar interpretiert ihre Rolle wunderbar. Sie bezaubert und erregt Mitgefühl.
Zuvor aber sieht man in Kleists menschlicher Komödie, die er 1807 veröffentlichte, die aber erst 1899 in Berlin uraufgeführt wurde, das Meisterstück des radikalen Zweifels: Sosias kämpft mit Merkur um sein Ich. Ein echter Slapstick ist es, wenn Thomas Frank als Diener von Simon Zagermann als falschem Diener aus großer Distanz Prügel bezieht. Der zynische Götterbote schwelgt in Sadismus, er