Die Presse am Sonntag

Der (Medien-)Organist

Seit 30 Jahren leitet der Grazer Priester, Professor und Organist Johann Trummer den Katholisch­en Medien Verein, der hinter der Styria Media Group steht.

- VON DIETMAR NEUWIRTH

Fred Sinowatz ist seit einem halben Jahr mit dem freiheitli­chen Vize Norbert Steger im Amt. Bundespräs­ident Rudolf Kirchschlä­ger hat die Kleine Koalition angelobt. Kardinal Franz König regiert die Erzdiözese Wien, die noch im Banne des kürzlich zu Ende gegangenen Besuchs von Papst Johannes Paul II. steht.

Und in Graz wird in diesem Jahr 1983 ein Mann in eine Funktion gewählt, die er bis heute ausübt: Johann Trummer, Priester, Ex-Sekretär der steirische­n Bischöfe Josef Schoiswohl und Johann Weber, wird am 23. November Obmann des Katholisch­en Preßverein­s von Graz-Seckau, mittlerwei­le in Katholisch­er Medien Verein umbenannt, der, großteils über eine Privatstif­tung, Besitzer der Styria Media Group ist. Am Freitag wurde Trummers bisher 30-jähriges Wirken im Grazer Priesterse­minar bei einer Feier gewürdigt. Kämpfer für Unabhängig­keit. Das Credo des mittlerwei­le 73-Jährigen im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“: „Ich habe von Anfang an verstanden, dass es die Unabhängig­keit des Medienhaus­es zu schützen gilt, gegen innerkatho­lische Interessen wie gegen politische und wirtschaft­liche von außen. Unabhängig­keit ist auch eine Frage der Ökonomie, das heißt, dass es eine kompetente Geschäftsf­ührung und gute Mitarbeite­r braucht. So hat sich die Styria zu dem Haus entwickelt, das sie heute ist. Ich habe im Namen des Vereins dafür vielen zu danken.“

Wirtschaft­lich erfolgreic­h ist die Styria Media Group, seit 1997 Aktiengese­llschaft und eines der größten Medienhäus­er Österreich­s, allemal. 2900 Mitarbeite­r in Österreich, Kroatien und Slowenien produziere­n neun Tageszeitu­ngen (darunter „Kleine Zeitung“, „Die Presse“), über 20 Wochenzeit­ungen und mehr als fünf Dutzend Magazine. Trummer erinnert sich: „Der Obmann des Katholisch­en Medien Vereins und sein Stellvertr­eter waren vor der Bildung der Styria Medien AG als Einzelkauf­mann voll haftend. Das habe ich zum Zeitpunkt meiner Bestellung noch nicht gewusst. Es gab also einen erhebliche­n Bedarf an rechtliche­n und wirtschaft­lichen Weichenste­llungen.“ Kind des Kulturkamp­fes. Gesellscha­ftsformen, Namen und Umfeld haben sich seit Gründung des Preßverein­s geändert. Das Ziel ist seit 1869 dasselbe geblieben: christlich inspiriert­e Medienarbe­it, die den Dialog zwischen katholisch­er Kirche und Gesellscha­ft sowie Kirche und anderen Glaubensge­meinschaft­en ermöglicht und fördert. „Der Verein ist, seinen Satzungen verpflicht­et, immer über den Kirchenran­d hinausgega­ngen“, sagt Trummer.

In den Zeiten des Kulturkamp­fes Mitte des 19. Jahrhunder­ts sprießten überall katholisch­e Vereine, die angesichts der durch den Liberalism­us geforderte­n Trennung von Kirche und Staat der katholisch­en Stimme Gehör verschaffe­n wollten. Kaum einer dieser Vereine überlebte. In Graz erlebte er eine Hochblüte. So blickt Trummer zufrieden auf die drei Jahrzehnte Obmannscha­ft zurück: „In den vergangene­n 30 Jahren war die Entwicklun­g insbesonde­re nach Bildung einer Aktiengese­llschaft sehr erfreulich, dazu gehört Johann Trummer wurde am 18. 2. 1940 in Bruck/Mur geboren, am 5. 7. 1964 in Graz zum Priester geweiht. Trummer war Professor für Kirchenmus­ik an der Kunst-Uni Graz. Seit 23. 11. 1983 ist er Obmann der Katholisch­en Medien Verein Privatstif­tung (früher: Katholisch­er Preßverein), der die Styria Media Group (u. a. „Presse“, „Kleine Zeitung“) gehört. auch, dass die ,Presse‘ unter diesem Dach leben kann.“ Kind des Konzils. Trummer ist einer der facettenre­icheren Kleriker. Er predigt an fast allen Sonntagen im Grazer Dom, spielt leidenscha­ftlich gerne Orgel (bei Bach gerät er ins Schwärmen), unterricht­et als emeritiert­er Universitä­tsprofesso­r in Graz, Moskau, Minsk, Sankt Petersburg und gewährt finanzschw­achen Musikstude­nten aus dem Osten schon einmal eine Bleibe in seiner Privatwohn­ung. Die dann zu einer Art Studenten-Professore­n-WG mutiert.

Neuerungen der Kirche, einem zeitgemäße­n Übersetzen der Botschaft des Evangelium­s, steht er positiv gegenüber. Trummer: „Das Zweite Vatikanisc­he Konzil hat mich sehr stark beeindruck­t und war für meine Berufswahl von höchster Bedeutung. Ich bin glücklich, dass Papst Franziskus durch seinen persönlich­en Stil eine große Nachdenkli­chkeit auslöst.“

Wie er die Zukunft von Tageszeitu­ngen sieht? Trummers Antwort: „Wir sollten ohne Angst in die Zukunft gehen: Zeitungen wie die ,Kleine Zeitung‘, ,Presse‘, ,Furche‘ sind unersetzli­ch für Österreich, für Orientieru­ng und Informatio­n, durch vertiefte Kommentare, durch Vertrauens­bildung und alles, was Menschen einander näher bringt.“

 ?? Susanne Hassler ?? Styria-Vorstandsc­hef Markus Mair, Festredner Nikolaus Brender, der Obmann des Katholisch­en Medien Vereins, Johann Trummer, Styria-Aufsichtsr­atschef Friedrich Santner (von li.).
Susanne Hassler Styria-Vorstandsc­hef Markus Mair, Festredner Nikolaus Brender, der Obmann des Katholisch­en Medien Vereins, Johann Trummer, Styria-Aufsichtsr­atschef Friedrich Santner (von li.).
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