Die Presse am Sonntag

Ökonomisch erfolgreic­he Aufdecker

Das französisc­he Onlinemedi­um »Mediapart« finanziert sich nur durch Abos.

- VON JUTTA SOMMERBAUE­R

Alles begann mit einer, gelinde gesagt, waghalsige­n Idee. „Die Leute dachten, wir seien komplett verrückt“, sagt Francois¸ Bonnet. Die Idee war folgende: Bonnet wollte mit drei anderen französisc­hen Kollegen ein neues Onlinemedi­um gründen, das sich nur durch Abonnenten finanziere­n sollte. Man schrieb das Jahr 2008, in den USA und in Europa ging die Angst vor der Zeitungskr­ise um. Ob ein Onlinemedi­um unter diesen schwierige­n Marktbedin­gungen würde existieren können, war ungewiss.

Fünf Jahre später gibt es das Medium mit dem Namen „Mediapart“immer noch. Und nicht nur das: Es ist sogar hochprofit­abel. In diesem Jahr wird der Umsatz bei sieben Millionen Euro liegen, man schreibt eine Million Euro Gewinn. Mittlerwei­le hat das Unternehme­n fünfzig Mitarbeite­r, davon sind 32 Journalist­en.

Der Erfolg von „Mediapart“verdankt sich nicht Anzeigen, staatliche­n Zuschüssen oder einem Mäzen. Auf Werbung verzichtet das Portal gänzlich. Erfolgreic­h ist das Start-up aufgrund seiner 80.000 Abonnenten, die für die Vollversio­n der Storys je neun Euro im Monat zahlen. „Wir haben bewiesen, dass man mit echtem Qualitätsj­ournalismu­s Leser finden kann, die bereit sind, zu zahlen.“Bonnets neues Ziel: 100.000 Abos. Der eigene Dreh. Das äußere Erscheinun­gsbild von „Mediapart“ist ziemlich zurückgeno­mmen. Was zählt, ist der Content. Das Medium setzt auf Aktualität und auf investigat­ive Geschichte­n. Wert legt man auch auf eine Anbindung an die eigene Community.

Sieben bis zehn Eigenstory­s pro Tag veröffentl­ichen die „Mediapart“Journalist­en – „alle mit einem eigenen Dreh“, wie der Verlagslei­ter erklärt. An den Aufdeckerg­eschichten arbeiten Redakteure mitunter mehrere Wochen. In Frankreich ist das Projekt mittlerwei­le bestens bekannt. „Mediapart“hat einige Affären ins Rollen gebracht. „Wir machen die News“, sagt Bonnet. Der Erfolg lässt sich in Zahlen messen: Eine aufsehener­regende Geschichte kann tausende Neuabos bringen.

Die französisc­he Idee findet Nachahmer in ganz Europa: In Spanien gibt es das investigat­ive Portal „infoLibre“; in den Niederland­en ist vor Kurzem mit „De Correspond­ent“ein ähnliches Portal mit Abomodell gestartet.

Bonnet, der früher Redakteur bei der Tageszeitu­ng „Le Monde“war, ist ein überzeugte­r Verfechter von Bezahlmode­llen. Das Verschenke­n journalist­ischer Inhalte sei „ein riesengroß­er Fehler“gewesen: „Qualitätsj­ournalismu­s funktionie­rt eben anders.“

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