Die Presse am Sonntag

Diese Deutschen

WARUM MAN VOR IHNEN (FAST) KEINE ANGST HABEN MUSS

- VON DIETMAR KRUG

Von Graffel, Klumpert und sonstigem Zeug oder: Wie Ex-Kanzler Schröder sich mit seinem Gedöns kräftig in die Nesseln setzte.

Ein seltsam zwiespälti­ges Phänomen ist das Wort „Zeug“. Wenn es als Anhängsel an einem anderen Wort auftaucht, kann es so praktische Dinge wie ein Feuer-, Fahr- oder Werkzeug benennen. Sobald es aber solo ist, läuft es Gefahr, seinen nützlichen Wert einzubüßen. Sprachhist­orisch ist das Zeug mit dem Verb „ziehen“verwandt, einst war es einfach ein „Mittel zum Ziehen“, und daraus leiteten sich später Bedeutunge­n ab wie: Gerät, Mittel, Stoff, Vorrat.

Diese Aufblähung ins Allgemeine hat dem Wort nicht gutgetan, im 18. Jahrhunder­t hat das für sich stehende Zeug die abwertende Bedeutung von Plunder oder Kram bekommen. (Was nichts daran geändert hat, dass es bis heute für den Betreffend­en ein existenzie­ller Unterschie­d ist, ob sich jemand für ihn ins Zeug legt oder ob er ihm ans Zeug flickt.) Reden kann man wiederum nur dummes Zeug, kein kluges. Aber wer das Zeug zu etwas hat, der erntet Bewunderun­g.

Dem Wort Plunder ist es übrigens ähnlich ergangen, einst hat es das Hausgerät, die Kleider, die Wäsche und das Bettzeug (wieder so ein nützliches Zeug) benannt, bevor es zum alten Kram verkam.

In Österreich bin ich dann auf Wörter gestoßen, die ohne historisch­e Doppeldeut­igkeiten auskommen, wenn sie etwas Wertloses benennen. Im „Klumpert“stecken ja schon die Lumpen drin, und die haben noch nie einen schlanken Fuß gemacht. Und das „Graffel“ist mit der spätmittel­hochdeutsc­hen „raffel“, verwandt, was „Getöse“oder „Lärm“bedeutet. Graffel heißt also im Grunde: viel Lärm um nichts. Ein schönes, aus dem Niederdeut­schen stammendes Wort für all das Klumpert und Klimbim ist das Gedöns, das mit dem Gedunsenen verwandt ist. Ordentlich in die Nesseln gesetzt mit seinem Gedöns hat sich einst Gerhard Schröder. Sie erinnern sich: Das ist der deutsche Ex-Kanzler, der heute gern einmal mit seinem Busenfreun­d Putin auf Bärenjagd geht und der sich einst nach der Trennung von seiner Frau Hiltrud darüber beschwert haben soll, dass seine Ex ihm nach Feierabend noch nicht einmal seine geliebte Currywurst serviert habe. 1998 teilte der damalige Kanzlerkan­didat Schröder seiner Bundestags­fraktion mit, wer die künftige Familienmi­nisterin sein würde, und zwar mit den denkwürdig­en Worten, sie werde die Ministerin für „Frauen und all das Gedöns“sein.

Dieser Sager ist ihm im Nachhinein etwas peinlich gewesen, in einem Interview mit der „Welt“hat er beteuert, ihm sei in dem Moment einfach der lange Name des Ministeriu­ms für Familie, Senioren, Frauen und Jugend nicht eingefalle­n.

Also ich bin ja echt gespannt, wer in der künftigen österreich­ischen Regierung Minister für – na, wie heißt es noch gleich? –, für Inländer, Migranten und all das Graffel sein wird.

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