NIELS DEGEN
rechnet) und Otto Versand (63,1 Mio. Euro). Modehändler Zalando hingegen schafft es in diesem Ranking nur auf Platz sechs. Universal und Otto Versand gehören zur Unito-Gruppe, diese wiederum ist Teil der deutschen OttoGroup. Der Konzern umfasst ein mittlerweile weltumspannendes Imperium von Einzelhändlern, Finanz- und Logistikdienstleistungen mit einem Jahresumsatz im Geschäftsjahr 2012/13 von 11,7 Mrd. Euro und einem Gewinn nach Steuern von 144 Mio. Euro. Die ehemals reinen Kataloghändler, die unter diesem breiten Konzerndach Unterschlupf fanden, befinden sich ganz im Gegensatz zu den stationären Händlern heftig im Aufwind. Die Unito-Gruppe meldete am Freitag, dass noch vor dem ersten Adventsonntag die Marken Universal, Otto und Quelle ihren Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um 33,5 Prozent steigern konnten.
Eine Wachstumsrate, von der die Händler mit realen Geschäftsstellen im Moment nur träumen können. Dass der achte Dezember diesmal auf einen Sonntag fällt, ist zusätzliches Pech für
»Online ist ein Segen und ein Fluch. Man muss sich klar positionieren.«
den stationären Handel, das den Onlinehändlern die Kunden in die Arme treibt. Dabei haben die heutigen Onlinehändler, die schon Versandhandel betrieben haben, als das Internet noch nicht erfunden war, harte Zeiten hinter sich. Die Branche blickt auf eine Welle von Pleiten und eine Phase der Marktbereinigung zurück. Allen Platz der Welt. „Online ist ein Segen, aber auch ein Fluch“, sagt Niels Degen, Geschäftsführer des OnlineModehändlers Madeleine. „Man muss sich klar positionieren und das Sortiment straffen, auch wenn man im Netz theoretisch allen Platz der Welt hat, seine Waren zu präsentieren.“Madeleine macht mittlerweile 35 Prozent des Umsatzes online, 30 Prozent davon kommt von mobilen Geräten, Smartphones oder Tablets. „Der Katalog ist für uns immer noch ein wichtiges Medium. Er entwickelt sich aber immer mehr vom Bestellpunkt zum Impulsgeber für den Onlinehandel.“Das heißt, die Kunden sehen die Ware im Katalog, bestellen aber online. Madeleine-Kundinnen, vorwiegend be- wusstsein und die damit verbundenen Ausgaben der Migranten und neuen Österreicher ist überdurchschnittlich hoch. Davon profitieren die großen Ketten. 46 Prozent der Migranten kaufen bei H&M ein, 36 Prozent shoppen bei C&A. 19 Prozent kleiden sich beim Spanier Zara ein, der im Modesegment Trends setzt. Hingegen kaufen nur fünf Prozent der Österreicherinnen bei Zara, wie eine Studie des Spezialinstituts Ethnopinion erhoben hat.
Auch viele Beschäftigte in den Modebranchen sind Migrantinnen. „Ohne diese hätten wir Schwierigkeiten, alle frei werdenden Stellen in den Wiener Filialen zu besetzen“, erklärt Georg Müller vom Schuhhändler Deichmann. Fehlende Human Resources machen dem Wiener Modehandel ohnehin schwer zu schaffen. Dabei werden kompetente Modeberater vielfach gesucht. Vor allem bei den über 50-jährigen Kunden. Also jener Gruppe, die immer wichtiger wird. Während der Fokus der Modeketten auf einer jungen, hippen Zielgruppe liegt, sehen die Experten von Standort + Markt das modische Angebot für die Senioren als vernachlässigt an. „Mit größeren Preisschildern allein wird man aber die modeorientierten Best-Ager nicht gewinnen können“, sagt Helmut Schramm.
112 Euro geben die 50- bis 70-Jährigen pro Monat hierzulande für Mode tuchte Damen jenseits der 50, gehören sicher nicht zu den „first movers“, die sich bei Amazon die neueste Technologie bestellen. Aber auch bei den technisch weniger versierten älteren Kunden ist ein Wandel spürbar. „Wir profitieren in unserem Nischenbereich extrem vom E-Commerce“, sagt Degen. „Dabei waren wir vor fünf Jahren noch in einer Krise, als die Printumsätze nachließen und Online noch nicht richtig gezogen hat.“Manch anderer Versandhändler hat diese Übergangsphase nicht überlebt. Neckermann-Pleite. Neckermann Deutschland etwa ist dieses Jahr pleitegegangen. Die Österreich-Tochter hatte mehr Glück und fand mit der Top Agers AG einen neuen Eigentümer. Der Unternehmensstandort in Graz besteht weiter, mittlerweile hat man sich den Einkauf und den Kundendienst, früher zentral in Deutschland geregelt, ins Haus geholt.
Bald wird Neckermann in ein anderes Lager umziehen. „Das derzeitige Lager ist überdimensioniert“, sagt Geschäftsführer Ingo Saleck. Es geht also voran. Das Sortiment hat Saleck eingeschränkt: „Wir konzentrieren uns stärker auf Textilien und wollen weg von der Technik.“Nächstes Jahr soll Neckermann wieder die Gewinnzone erreichen. Die Hälfte seines Umsatzes macht Neckermann mittlerweile online. Doch der Katalog spielt auch für diesen Versandhändler noch eine wichtige Rolle. Österreichischer Ungehorsam. Schon während der Sanierungsphase, als aus Deutschland die Order kam, dass man das Kataloggeschäft ganz zurückfahren und sich nur auf Online konzentrieren solle, hat sich die damalige österreichische Geschäftsführung quergelegt. Und auch nach der Übernahme schätzt Saleck, dass im Jahr zehn Millionen Kataloge an österreichische Haushalte verschickt werden.
Der österreichische Versandhändler Quelle, der vor vier Jahren vor demselben Problem stand wie vor einem Jahr Neckermann, hatte weniger Glück. Der Österreich-Tochter des deutschen Handelriesen Acandor gelang es nicht, sich von der schweren Krise des Mutterhauses abzukoppeln, und ging in Konkurs. Dabei war Quelle Österreich zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung operativ nicht einmal überschuldet und wies ein positives Eigenkapital aus. Dennoch fand sich kein Käufer, aus. Das liegt über dem Durchschnitt von 110 Euro. Tourismus als Handelsmotor. Nicht minder bedeutend für den Handel in Wien sind ausländische Touristen. Deren Einkäufe machen zwölf Prozent der Wiener Einzelhandels aus, erhob die KMU-Forschung. 55 Prozent der ausländischen Gäste kaufen Mode. Im Luxussegment hat Wien im internationalen Vergleich stark aufgeholt, bei den Öffnungszeiten nicht. Wien-Touristen stehen sonntags vor verschlossenen Türen, der Handel verliert Umsätze in zweistelliger Millionenhöhe, sagen Experten.
Wohin geht die Reise der Einzelkämpfer im modischen Handel? Ihre Geschäftslokale müssen mehr sein als ein Ort des Verkaufs, sagen die Studienautoren. Die Läden müssen in Zukunft auch Community-Treff, Veranstaltungslocation, Ausstellungsort oder Produktionsstätte sein. Immer mehr Designer wagen den Schritt zur Verbindung von Atelier oder Werkstatt mit einem Ladenlokal. Abseits von großen Einkaufsstraßen, in denen austauschbarer Modehandel den Takt bestimmt, kann mit Slow Fashion als Gegenbewegung ein kritisches Publikum angesprochen werden, das auf nachhaltig erzeugte Mode großen Wert legt. Denn für gutes Gewissen greift man gern tiefer in die Tasche. Das waren noch Zeiten. 1969, Versandhauskatalog en vogue war.
als der das Unternehmen wurde zerschlagen. Aus der Insolvenzmasse kaufte die Unito-Gruppe die Markenrechte, heute nimmt Quelle im Ranking der Top-Onlinehändler in Österreich mit einem Jahresumsatz von 18,3 Mio. Euro Platz 18 ein, noch vor Interspar und hinter Palmers.
Spitzenreiter unter den heimischen Versandhändlern mit Vergangenheit im Kataloghandel ist Universal. Der zweitgrößte Onlinehändler in Österreich nach Amazon feiert heuer sein 45-jähriges Bestehen. 70 Prozent des Umsatzes kommt durch den Onlineverkauf herein, 2012 erwirtschaftete man einen Jahresumsatz von 92,8 Mio. Euro, immerhin ein knappes Drittel des Umsatzes von Amazon. „In den Jahren 2009 bis 2012 hatten wir im Internet ein Umsatzwachstum von 145 Prozent“, freut sich Unito-Chef Harald Gutschi. Dieses Jahr zeichne sich eine klare Trendwende ab: „Der in den Neunzigerjahren begonnene Flächenwahnsinn des stationären Einzelhandels ist vorbei“, sagt Gutschi. Tatsächlich gingen laut Marktforscher Regioplan erstmals in der ersten Hälfte 2013 die Verkaufsflächen zurück (siehe unten). Es gab weniger Neueröffnungen, dazu dazu kamen Insolvenzen wie die von Drogeriekette Dayli. „Der stationäre Handel hat großen Restrukturierungsbedarf“, sagt Gutschi, der die Pleitewelle im stationären Handel noch lange nicht abreißen sieht. Glanzzeit 80er-Jahre. Mit dem exponentiell wachsenden Verkaufsvehikel E- und Mobile-Commerce will Universal an seine Glanzzeiten in den 1980erJahren und zu Beginn der Neunzigerjahre anknüpfen, als man nur mit dem Kataloggeschäft Umsatzspitzen von bis zu 164 Mio. Euro erreichte. Dafür kam Mitte der Neunziger, als überall Fachmarktzentren und Shoppingcenter aus dem Boden schossen, der große Dämpfer mit Umsatzeinbußen von über 20 Prozent.
Heute zählt man sich eindeutig wieder zu den Gewinnern. Der Onlineshop von Universal verzeichnet jährlich bis zu 15 Millionen Visits. In fünf Jahren will man die Rekordzahlen aus den Neunzigern getoppt haben. Ganz auf verlorenem Posten sind die Händler auf der Mariahilfer Straße jedoch noch nicht. Immerhin 89 Prozent der Österreicher kaufen ihre Geschenke immer noch (auch) im ganz realen Weihnachtstrubel. Geschäftsführer Madeleine