Wie man steigende Abwassermengen bewältigt
Mit einer neuen, energiesparenden Technologie kann die Kapazität von Kläranlagen deutlich gesteigert werden.
Österreich war mit der flächendeckenden Errichtung von Kläranlagen seit den 1970er-Jahren ein echter Vorreiter. Diese Anlagen stoßen nun wegen des Wachstums der zentralen Orte zusehends an ihre Grenzen, sodass Erweiterungen nötig sind – oder aber innovative und effizientere Technologien eingesetzt werden, die auf demselben Raum eine höhere Reinigungsleistung ermöglichen.
Dabei geistert schon länger eine Idee namens Membranverfahren durch die Kommunen. Bei heutigen Kläranlagen kommt das Abwasser nach einer groben Vorreinigung in das Belebungsbecken, wo sogenannter Belebtschlamm, also Massen von flockig aggregierten Bakterien, die Inhaltsstoffe oxidieren – sprich zusammenfressen. Danach muss die Mischung aus gereinigtem Abwasser und Bakterien wieder getrennt werden. Das geschieht herkömmlicherweise in Nachklär- oder Sedimentationsbecken, wo der Schlamm nach einiger Zeit absinkt und das reine Wasser oben abgezogen werden kann.
Bei Membranverfahren werden für diesen Schritt eben Membranen eingesetzt: Das sind Filter mit so kleinen Poren, dass die Bakterien nicht durchkommen. Diese Methode macht Nachklärbecken überflüssig – man könnte sie in Folge zu Belebungsbecken umbauen, wodurch die Kapazität der Kläranlage steigen würde. Die Sache hat nur einen Haken: Das Wasser muss mit erhöhtem Druck durch die Membran gepresst werden – und das kostet Energie. In der Praxis hat eine Membrankläranlage einen mehr als doppelt so hohen Energieverbrauch. Das ist für eine großflächige Anwendung zu teuer.
Eine Forschergruppe vom BokuDepartment für Agrobiotechnologie am IFA Tulln um Werner Fuchs hat in den letzten Jahren in einem EU-Projekt sowie darauf aufbauend in einem vom Klima- und Energiefonds bzw. der FFG geförderten Projekt einen alternativen Zugang entwickelt, der die Vorteile des herkömmlichen Belebtschlammverfahrens und die einer Filtrationstechnik verbindet. Das Ziel war es, den Platzbedarf der Kläranlage um den Faktor drei und den Energieverbrauch spürbar zu reduzieren.
Das entwickelte Verfahren tauften sie Mesh – in Anlehnung an die Gewebefilter, die die Forscher direkt in das Belebungsbecken integrierten. Dieses Gewebe hat wesentlich größere Poren als Membranfilter, an diesen bleiben die Schlammflocken hängen. Sie bilden mit der Zeit einen Filterkuchen aus, der die eigentliche Reinigungswirkung übernimmt. Dieses Prinzip wurde heuer erstmals in der Praxis getestet: In Zusammenarbeit mit der Stockerauer Firma M-U-T wurde die alte Kläranlage von Tulln ertüchtigt – die ersten Ergebnisse sind durchaus ermutigend. Die Reinigungsleistung entspricht den alternativen Verfahren, der Energieverbrauch ist gegenüber Membranverfahren halbiert (und ungefähr gleich hoch wie im Belebtschlammverfahren). Dafür gewannen die Forscher den Innovation Award 2013, den die niederösterreichische Technologiefinanzierungsgesellschaft Tecnet Equity gemeinsam mit dem Accent Gründerservice ausgeschrieben hatte.