Der Kaiser des Rasens ist zurück
Der britische Football Manager ist ein Spiel an der Grenze zwischen Euphorie und Frustration. Aber Ausreden sind zwecklos. Wenn’s schiefgeht, ist nur einer schuld: der Trainer.
Im Nachhinein betrachtet war es ein Fehler, im Halbfinale der Champions League die B-Truppe aufs Feld zu schicken. Klar, wir hatten das Hinspiel daheim in Napoli sensationell 4:0 gewonnen. Und der Ligaalltag in Italien ist anspruchsvoll. Dazu kommen die vielen gesperrten und verletzten Spieler. Aber all die Ausreden sind zwecklos. Beim Rückspiel in München sind wir untergegangen. Sieben zu eins! Da kann man in der Kabine rumtoben so laut man will – Schuld an einem derartigen Debakel trägt nur einer: der Trainer.
Willkommen in der Welt von „Football Manager“, wo tagelange Planung und intensive taktische Überlegungen binnen Sekunden obsolet gemacht werden, weil der Kapitän sich das Bein bricht – oder der Goalgetter nach einer lächerlichen Schwalbe Gelb-Rot sieht. Zusehen und hoffen. Es ist eine ganz besondere Welt – auch wenn Computerspiele längst im Mainstream angekommen sind. Bei einem Manager-Spiel steuert der Spieler nämlich nicht etwa die Fußballer auf dem Rasen. Er kann nur zusehen und hoffen, dass sie sich an seine Anweisungen halten. Und dass diese sich als die richtige taktische Entscheidung herausstellen. Fußball-Manager-Titel gehören zu jener Gattung Computerspiele, die aus einer kleinen, irren Idee irgendwann Anfang der 1990er entstanden sind und sich bis heute gehalten haben.
Und der Kaiser dieser Gattung hört auf den schlichten Namen „Football Manager“. Er regiert inzwischen absolut, denn nachdem einige deutsche Reihen (wie der legendäre „Anstoss“) längst begraben wurden, traf es erst vergangene Woche die einzige übrig gebliebene Konkurrenz: Auch der Manager von Electronic Arts wird eingestellt.
Wer die alten Dinger kennt – aber dann vergessen hat, dass es diese Fußball-Manager-Spiele noch gibt – der wird sich beim neuesten „Football Ma- nager 2014“schnell wiederfinden. Klar, der Titel hat sich derart weiterentwickelt, dass es auf den ersten Blick fast lächerlich ist. Zehntausende Spieler sind in der Datenbank. Und diese wird von mehr als 1000 Hobbyscouts so gut gepflegt, dass sogar englische Erstligaklubs wie der FC Everton sie als Basis ihres eigenen Scoutingsystems nutzen. Alles neu. Aber „Sports Interactive“, die englischen Macher des „Football Manager“, haben sich heuer für eine radikale Erneuerung des Taktiksystems entschieden. Dieses wurde gewaltig entschlackt und so vieler Optionen beraubt, dass die Hardcore-Fans in der FM-Community laut aufgeschrien haben. Aber „SI“ist es gelungen, das Spiel dadurch wieder zugänglicher zu machen. Im Kern bleibt es natürlich die Manager-Simulation, die es immer war. Aber zumindest die früher verwirrenden Taktikoptionen sind jetzt logisch.
Das heißt freilich nicht, dass „FM“ein Spiel für zwischendurch geworden ist. Man muss schon eine besondere Art von Obsession für Fußball und Computerspiele besitzen, um den VFL Osnabrück von der dritten deutschen Liga in die Bundesliga zu führen. Aber man lernt auch was dabei.
Oder kannten Sie einen gewissen Sasha Horvath? Nein? Nun, der junge Mann ist erst 16 Jahre alt, spielt in der Jugend von Austria Wien und dürfte das größte Talent im österreichischen Fußball seit David Alaba sein – falls die Scouts von „FM“richtig liegen, und das tun sie oft. Aber wenn man dumm genug ist, gegen die Bayern eine B-Truppe aufs Feld zu schicken, dann helfen auch keine Wunderkinder wie Horvath. Da ist das Spiel beinhart.