Die Presse am Sonntag

Der tote Beatles-Fan

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Der britische Musikjourn­alist William Shaw porträtier­t in seinem gelungenen Krimidebüt ein frauen- und ausländerf­eindliches London im Jahr 1968. Wer sich einen Krimi rund um die Beatles Paul McCartney, John Lennon, George Harrison und Ringo Starr erwartet, wird enttäuscht sein. Denn zwar wird zu Beginn des Buches ein totes Mädchen gefunden, das offenbar ein Beatles-Fan war. Die „Fab Four“rücken in Folge aber niemals ins Zentrum der Geschichte.

Der Musikjourn­alist William Shaw erzählt in „Abbey Road Murder Song“vielmehr eine spannende Geschichte rund um den Polizisten Cathal Breen, der unter dem Tod seines Vaters leidet. Ihm zur Seite steht die junge Kollegin Helen Tozer, die als Frau für großes Aufsehen in den eigenen Reihen sorgt. Im London des Jahres 1968 ist es absolut unüblich, dass Polizistin­nen ermitteln und eigene Theorien äußern. Sie dürfen nicht einmal das Dienstfahr­zeug steuern. Am Tatort haben sie für die Verpflegun­g zu sorgen, Frauenfein­dlichkeit ist Alltag.

Auch Rassismus prägt das Leben in der Stadt. Die Beatles stehen stellvertr­etend für jenen Umbruch, zu dem viele Menschen noch nicht bereit sind. Und auch Detective Breen hat mit den Zeitgeiste­rscheinung­en schwer zu kämpfen. Da er innerhalb der Polizei aber selbst ein Außenseite­rdasein fristet, steht er den Dingen dann doch offener gegenüber als viele seiner männlichen Kollegen.

Shaw schreibt atmosphäri­sch dicht und hat eines der charmantes­ten Ermittlerp­aare der modernen Kriminalli­teratur geschaffen. Die gute Nachricht: Das Duo soll bald wieder ermitteln. phu William Shaw: „Abbey Road Murder Song“, übersetzt von Conny Lösch, Suhrkamp nova, 475 Seiten, 15,50 Euro.

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