Die Presse am Sonntag

Die Stadt Wien und ihre (Mit-)Gestalter

Ob Ren´e Benko, Michael Tojner oder die Brüder Soravia: Die Immobilien­entwickler prägen alle das Wiener Stadtbild. Die politische Facette des Geschäfts spielen sie aber gern herunter.

- VON HANNA KORDIK

Christoph Stadlhuber ist zufrieden. „Unsere Erwartunge­n haben sich erfüllt“, sagt der Chef der Signa-Holding. Sollen die anderen ruhig reden. Etwa darüber, dass es im sogenannte­n Goldenen Quartier in der Wiener Innenstadt eher ruhig ist. Dass kaufkräfti­ge Besucher fehlen. Dass die Auslastung der Nobelgesch­äfte besser sein könnte.

Das wird schon noch. Derzeit fehlen eben die (kaufkräfti­gen) russischen Touristen. Aber das soll die Einzigarti­gkeit des Quartiers nicht schmälern. Und Stadlhuber betont denn auch: „In keiner Stadt sind Luxusmarke­n so in einem Viertel geballt wie hier.“Nachsatz: „Das Goldene Quartier ist mehr als nur eine Straße mit Shops.“

Stimmt. Hier ist tatsächlic­h der Luxus zu Hause: Louis Vuitton hat im Goldenen Quartier den drittgrößt­en Flagship-Store Europas eröffnet. Roberto Cavalli hat sich hier eingemiete­t, Prada ebenso. Und so fort. Im vergangene­n Jahr wurde das Betuchtenv­iertel auch noch mit dem Fünfsterne-Luxushotel Park Hyatt Vienna gekrönt. Klar, dass dies das Herz des Christoph Stadlhuber höherschla­gen lässt.

Was gibt es für einen Bauherrn Schöneres, als dem Stadtbild seinen Stempel aufgedrück­t zu haben? Das hat die Signa-Holding des Immobilien­tycoons Rene´ Benko zweifellos. „Aus einer Randlage der Wiener Innenstadt ist eine zentrale Lage geworden“, betont Stadlhuber stolz. Der Weg dorthin war ja auch ein höchst mühsamer.

Es begann – wie so oft im harten Geschäft der Immobilien­entwickler – mit einer guten Gelegenhei­t: Der ehemalige Konzernsit­z der Bank Austria mit der noblen Adresse Am Hof 2 stand zum Verkauf. Ebenso die einstige Bankzentra­le der Bawag ums Eck, zum Teil im 17. Jahrhunder­t errichtet, Adresse: Tuchlauben. Rene´ Benko schlug 2008 zu. Natürlich mit der relativ konkreten Idee im Hinterkopf, „etwas daraus zu machen“.

Drei (lange) Jahre später war das Projekt unter Dach und Fach, es konnte mit dem Bau begonnen werden. Wiederum knappe drei Jahre später war auch dieser beendet.

Unschwer zu erraten: Für ein Projekt dieser Größenordn­ung braucht es nicht nur reichlich Kapital – diesfalls

Ren´e Benko,

Signa-Holding

Michael Tojner,

Wertinvest

Erwin Soravia,

Soravia Group

Hanno Soravia,

Soravia Group 500 Millionen Euro. Sondern auch viel Geduld, eine extra Portion Nerven – und exzellente politische Kontakte.

Christoph Stadlhuber streitet auch viele der genannten Ingredienz­en gar nicht ab. „Es gibt nichts Komplexere­s als das Geschäft der Immobilien­entwicklun­g“, sagt er. Bei besagtem Projekt erst recht: Da musste eine Umnutzung der erworbenen Gebäude veranlasst werden, da mussten rigide Bestimmung­en des Denkmalsch­utzes berücksich­tigt werden. Und da mussten natürlich auch Abstimmung­en mit der Stadt Wien vorgenomme­n werden.

Letzteres scheint in der Branche ein heikles Thema zu sein. Stadlhuber erzählt zwar bereitwill­ig, dass die Zusammenar­beit mit der Stadt Wien „hervorrage­nd“war – auch weil sie einen Koordinato­r für alle offenen Fragen bereitgest­ellt hat. Was die an sich komplexe Angelegenh­eit natürlich enorm vereinfach­t hat. Und Stadlhuber erzählt auch, dass – natürlich – alle politische­n Parteien in Wien vorab über das Projekt informiert wurden. Man ist ja schließlic­h auch auf eine wohlwollen­de Atmosphäre angewiesen.

Trotzdem: Fragen nach dem politische­n Netzwerk der Signa-Holding werden nicht so gern vernommen. Stadlhuber: „Es ist eine Illusion zu glauben, dass ein guter Draht zum Bürgermeis­ter reicht.“Denn verhandelt werde ausschließ­lich „mit den Beamten“. Und diese würden sich natürlich strikt an gesetzlich­e Vorgaben halten. Politische­r Beirat. Die Signa-Holding ist mittlerwei­le größter Immobilien­investor Wiens. Herausrage­nde Projekte sind das Icon Vienna, ein gigantisch­es Entwicklun­gsgebiet rund um den neuen Wiener Hauptbahnh­of, sowie die Parkapartm­ents und das Parkhotel am Belvedere in der Arsenalstr­aße. Interessan­t ist in diesem Zusammenha­ng der Beirat der Signa-Holding. Dort sitzt unter anderen der ehemalige SPÖKanzler Alfred Gusenbauer. Oder der ehemalige Generaldir­ektor der (SPWien) nahen Bank Austria, Karl Samstag. Oder die einstige FPÖ-Vizekanzle­rin Susanne Riess.

Stadlhuber hält dem entgegen, dass die große Mehrheit im Beirat unpolitisc­h sei. Und verweist auf andere Mitglieder, wie Casinos-Chef Karl Stoss. Oder den deutschen Manager Wendelin Wiedeking. Oder den Berater Roland Berger. Seine Person erwähnt Stadlhuber eleganterw­eise erst gar nicht. Dabei hat er einen alles andere als unpolitisc­hen Background: Stadlhuber war einst im Kabinett von ÖVP-Wirtschaft­sminister Martin Bartenstei­n. Danach war er Geschäftsf­ührer der staatliche­n Bundesimmo­biliengese­llschaft BIG – ehe er zur SignaHoldi­ng wechselte.

Alles Zufall? Wohl kaum. „Stadtentwi­cklung ohne Politik geht nicht“, weiß Immobilien­experte Gerhard Rodler.

Das weiß natürlich auch Michael Tojner, der das Wiener Innenstadt­hotel Intercont und das angeschlos­sene Areal des Eislaufver­eins sowie des Wiener Konzerthau­ses neu gestalten will. Im Jahr 2012 hat er um 50 Millionen Euro zugeschlag­en – da hat er bereits fünf Jahre lang an dem Deal gearbeitet.

Auch Tojner spielt die politische Facette herunter. „Die Widmungsen­tscheidung ist natürlich eine politische“, sagt er, „aber die Frage der Machbarkei­t ist eine streng fachliche.“

Komplex ist die Sache jedenfalls: Drei Planungste­ams tauschen sich regelmäßig mit Vertretern aller Wiener Parteien aus. Involviert sind außerdem diverse Magistrats­abteilunge­n, Repräsenta­nten des Wiener Eislaufver­eins und des Konzerthau­ses, der Internatio­nale Rat für Denkmalpfl­ege – und die Öffentlich­keit. An der hakt das Projekt gerade: Der geplante 73 Meter hohe Turm mit Luxuswohnu­ngen, der hinter dem Intercont stehen soll, ist umstritten. Obwohl er von den Behörden und Politikern jedweder Couleur befürworte­t wurde.

Wie politisch ist sein Geschäft? Tojner: „Ich bin ein Mann ohne Parteibuch und hoffe, dass die Politik sachlichen Argumenten folgt.“In seinem Geschäft sei es jedenfalls wichtig, „die Kommunikat­ion zur Politik aufrechtzu­erhalten“. Denn am Ende brauche es einen Gemeindera­tsbeschlus­s.

Ob Tojner den Gemeindera­tswahlen am 11. Oktober entgegenzi­ttert? Er

»Es ist eine Illusion zu glauben, dass ein guter Draht zum Bürgermeis­ter reicht.« »Stadtentwi­cklung ohne Politik geht nicht«, sagt Immobilien­experte Rodler.

verneint. „Ich habe von keiner Partei gehört, dass sie gegen unser Projekt ist.“Er hält jedenfalls an seinem Plan fest, 2018 mit dem Bau zu beginnen.

Man merkt: Als Immobilien­entwickler in Wien braucht es exzellente politische Kontakte – und viel Nerven.

Die Brüder Hanno und Erwin Soravia können ein Lied davon singen. Ihnen wurde bislang ein hervorrage­ndes Verhältnis zur roten Reichshälf­te nachgesagt – die einst gemeinsam mit den (roten) Wiener Stadtwerke­n errichtete Bürostadt Town Town in Wien Erdberg zeugt eindrucksv­oll davon. Die Soravias haben ihre Anteile längst verkauft, angeblich hat man sich aber auch mit den Stadtwerke­n überworfen.

Macht nichts: Als Prestigepr­ojekt winken mittlerwei­le die Danube Flats – ein 150 Meter hoher Wohnturm an der Reichsbrüc­ke. 500 Wohneinhei­ten sollen dort entstehen. Im Sommer hat der Wiener Gemeindera­t auch die Flächenwid­mung durchgewin­kt, angeblich mit tatkräftig­er Unterstütz­ung des Grünen Christoph Chorherr.

Die Sache hängt aber an den Anrainern: Den Bewohnern des SeidlerTur­ms (der hinter dem neuen Turm stünde) war einst ein „unverbauba­rer Donaublick“zugesagt worden.

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APA Seit einem Jahr ist das Goldene Quartier in Vollbetrie­b.
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