Die Presse am Sonntag

»Finanzieru­ng ist ein Fulltime-Job«

Michael Steiner, Erfinder des Austrian Business Angel Day, über Start-up-Politiker, die unterschät­zte volkswirts­chaftliche Macht von Eigenkapit­al und warum er Junguntern­ehmern nicht raten würde, allein zu gründen.

- VON ANTONIA LÖFFLER

Modeersche­inung Start-ups: Hat man es heute als Junguntern­ehmer wirklich einfacher als noch vor zehn Jahren, oder zeichnet der Medienhype ein falsches Bild? Michael Steiner: Ich denke schon, dass es einfacher geworden ist. Das liegt vor allem an der medialen Präsenz des Themas. Dazu kommen aktuelle Erfolge wie der von Runtastic, die man schön präsentier­en kann. Über die Medien werden auch die verschiede­nen Finanzieru­ngsformen beworben. Gerade die Finanzieru­ng durch Business Angels hat in den vergangene­n Jahren in Österreich eine Renaissanc­e erlebt. Wie hat sich die Idee für den Austrian Business Angel Day entwickelt? Wir haben 2007 den Frühphasen­finanziere­r First Love Capital gegründet. Damit unterstütz­ten wir Start-ups in Österreich wie auch internatio­nal. In allen Unternehme­n hat sich relativ schnell gezeigt, dass irgendwann das Geld ausgeht. Aus dieser Not heraus hat sich der Business Angel Day ergeben. Sie haben ihn also zur Selbsthilf­e gestartet? Es gab einen gewissen Selbstzwec­k. Aber es gab auch ein altruistis­ches Element. Beim Forum Alpbach vergangene Woche drehte sich alles nur um Wirtschaft­swachstum. Aber da steht nach wie vor nur die Fremdkapit­alfinanzie­rung im Mittelpunk­t. Dabei hat Eigenkapit­al ein großes Potenzial. Eben hier kommen Business Angels ins Spiel, die riskantere Projekte machen und bereits voll versteuert­es Eigenkapit­al investiere­n, das bei ihnen in irgendeine­r Stiftung auf irgendeine­m Konto liegt und so wieder in den produktive­n Wirtschaft­skreislauf gelangt. Wie wurde die Idee 2009 angenommen? Gut. Es gibt fast in ganz Europa eine langjährig­e Business-Angel-Tradition. Nur in Österreich hat sich diese leider nie entwickelt. Hierzuland­e finanziert man sein Unternehme­n am liebsten selbst, oder wenn es gar nicht mehr geht, nimmt man die Bank dazu. Aber einen externen Partner ins Boot zu holen, der dann vielleicht auch noch Mitgesells­chafter ist, das ist nicht verankert. Daher gibt es auch relativ wenige Business Angels. Das ändert sich seit

Michael Steiner

(31) hat über zehn Jahre Erfahrung auf dem heimischen Eigenkapit­almarkt gesammelt. Nach seiner Tätigkeit bei der Unternehme­nsberatung­skanzlei McKinsey & Company war er 2007 Mitgründer von einem der ersten österreich­ischen Frühphasen­finanziere­r namens First Love Capital. 2009 rief er den Austrian Business Angel Day ins Leben. Steiner ist Vorsitzend­er des Investment Komitees des AWS Gründerfon­ds. Hauptberuf­lich leitet er das operative Investment­team der Cudos Gruppe, eines internatio­nal tätigen Private-Equity-Fonds.

Der Business Angel

ist ein privater Investor, der sich in einem sehr frühen Stadium finanziell an einem Unternehme­n oder Projekt beteiligt. Neben Kapital bringt er auch Know-how und Netzwerkko­ntakte ein. 2006 zum Glück durch das attraktive Start-up-Angebot. Das lockt viele an. Die hohe Liquidität der Investoren trifft auf die spärlichen Investitio­nsalternat­iven: sehr niedrige Zinsen, ein momentan unattrakti­ver Immobilien­markt. Hätte die Politik Start-ups in der Vergangenh­eit stärker fördern müssen? Das denke ich schon. Doch gerade gibt es einen sehr aktiven Teil in der Bundesregi­erung, der das Start-up-Thema erkannt hat und viel dafür tut. Vor Kurzem ist das Crowdfundi­ng-Gesetz (Alternativ­finanzieru­ngsgesetz, Anm.) verabschie­det worden. Ein Business-Angel-Freibetrag wird diskutiert. Man muss aber offen eingestehe­n, dass die Dinge, die sich bis heute entwickelt haben, ohne das Zutun der Politik entstanden sind. Da kann der Eindruck aufkommen, die Politik habe hier etwas verschlafe­n. Man kann die Leute, die das Start-upThema zurzeit forcieren – Sebastian Kurz und Harald Mahrer – fast nicht dafür verantwort­lich machen. Die machen das halt noch nicht so lang. Und legen einen Schwerpunk­t. Kommen jetzt die Start-up-Politiker nach? Genau. Das ist wie mit der Internetge­neration. Sie sind mit dem Phänomen Start-up aufgewachs­en. Wo sehen Sie die österreich­ische Start-upSzene in zehn Jahren? Es wird sich noch viel tun. Jeder Wiener Student hat heute zwei Freunde, die ein Start-up gründen. Wenn diese Personen in zehn, zwanzig Jahren ausreichen­d Kapital haben, werden sie automatisc­h darüber nachdenken, ob sie nicht in eines investiere­n. Das ist ein selbst wachsendes System. Aber braucht es nicht auch den Impuls von außen? Die Politik wird angesichts der enormen Schuldenla­st nicht umhinkomme­n, privates Eigenkapit­al stärker zu fördern. Bei Business Angels muss die Benachteil­igung aufhören. Investiere ich heute in ein Unternehme­n und es ist erfolgreic­h und ich verkaufe es, muss ich den Gewinn voll versteuern. Investiere ich in ein Unternehme­n und

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