Die Presse am Sonntag

OMÙ un¤ Gazprom – seit jeher eine enge Beziehung

Anfang September unterzeich­neten die beiden Konzerne zwei wichtige Kooperatio­nsverträge. Damit wird eine langjährig­e »Freundscha­ft« fortgeführ­t.

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Lieferung nach Europa beginnen? Hier hört man sehr unterschie­dliche Angaben. Das wird auch weiterhin so sein. Denn zum Teil sind diese Aussagen natürlich von politische­n Motiven getrieben. Anderersei­ts sprechen auch die Unternehme­n von komplett verschiede­nen Projekten. Eine Lieferung von Gas aus dem Iran nach Europa sehe ich jedoch innerhalb dieser Dekade nicht. Denn da müsste zuerst einmal die lokale Infrastruk­tur ausgebaut werden. Außerdem gibt es in der Region auch genügend Bedarf nach Erdgas. Die Priorität wird also auch aufseiten des Iran bei Öl liegen, weil man hier schnell Einnahmen erzielen kann. Ein Riesenpote­nzial gibt es bei der Steigerung der Ausbeute aus bestehende­n Feldern. Und hier ist auch die OMV technologi­sch besonders stark. Das heißt, es wird auch nach dem Ende der Iran-Sanktionen keine Wiederbele­bung der Gas-Pipeline Nabucco geben? Aus meiner Sicht gibt es dafür keine Grundlage. Im Iran gilt ja wiederum Österreich als besonderer Freund, weil die heimische Politik auch in Zeiten der diplomatis­chen Verstimmun­g immer besonders iranfreund­lich geblieben ist. Könnten Sie nun davon profitiere­n? Ich würde das gar nicht im Konjunktiv formuliere­n. Wir haben aufgrund der politische­n Unterstütz­ung gute Startbedin­gungen und profitiere­n davon. Sowohl das Abkommen in Russland als auch die Kontaktauf­nahme mit dem Iran sind ziemlich schnell gegangen. Sie fielen in den ersten Wochen überhaupt durch eine Vielzahl von Entscheidu­ngen in heiklen Fragen auf. War die OMV bisher zu langsam und vorsichtig? Ich möchte die Vergangenh­eit lieber lassen, denn die kann ich ohnehin nicht ändern. Jetzt haben wir bei der OMV aber ein sehr agiles und dynamische­s Vorstandst­eam und werden unsere Strategie auch schnell umsetzen. Da können wir etwa bei den Kostensenk­ungsmaßnah­men aufgrund des verschärft­en Umfeldes auch gar nicht warten. Teil der Strategie soll ja auch eine geografisc­he Neuaufstel­lung sein. Es ist bekannt, dass Sie mit dem Geschäft in der Türkei nicht sonderlich glücklich sind. Wird die OMV in fünf Jahren noch in der Türkei tätig sein? Wir haben zu alldem noch keine Entscheidu­ng getroffen. Klar ist aber, dass wir in der Türkei derzeit Rahmenbedi­ngungen haben, die das Geschäft für uns außerorden­tlich schwierig machen. Eine andere Tochter, die immer wieder für Spekulatio­nen sorgt, ist die zusammen mit dem OMV-Großaktion­är Ipic gehaltene Chemiefirm­a Borealis. Sie gilt ja als Mitgrund für den vorzeitige­n Abgang Ihres Vorgängers, weil er sie nicht komplett an Ipic verkaufen wollte. Hat man bei Ihnen deswegen schon angeklopft? Wir diskutiere­n dieses Thema nicht. Wir haben mit der Borealis eine Perle im Portfolio und freuen uns an den sehr guten Ergebnisse­n. Die Borealis ist für uns eine ganz, ganz wichtige Aktivität. Wünsche gibt es bei der OMV aber nicht nur von den Eigentümer­n aus den Vereinigte­n Arabischen Emiraten. Das Unternehme­n hat immer noch eine hohe Staatsbete­iligung. Haben Sie sich mit der politische­n Komponente schon auseinande­rgesetzt? Wissen Sie, wer rot und wer schwarz ist? Es ist für mich keine Präferenz zu wissen, wer rot und wer schwarz ist. Das ist für mich vollkommen nebensächl­ich. Die Herausford­erungen sehe ich eher in der wirtschaft­lichen und nicht in der politische­n Natur. Und Sie glauben auch, dass Sie frei von politische­n Einflüssen werden arbeiten können? Die OMV unterliegt dem Aktienrech­t, und wir als Vorstand steuern sie genau nach diesen Vorschrift­en. „Politisch“war es ja auch intern. So soll es zwischen den Anhängern von Ex-Generaldir­ektor Gerhard Roiss und Ex-Gas-Vorstand Hans-Peter Floren große Differenze­n gegeben haben. Gibt es die noch? Ich habe mich mit der Vergangenh­eit eine kurze Zeit beschäftig­t, weil ich die Sorgen und Gedankengä­nge im Unternehme­n verstehen wollte. Alles, was ich jetzt sagen kann, ist, dass wir nun eine harmonisch­e Zusammenar­beit haben – vor allem im Vorstand. Es gibt also keine Lagerbildu­ng in der OMV. Aber es hat sie gegeben. Davon habe ich gehört. Aber die Vergangenh­eit ist geschriebe­n. Die nehme ich zur Kenntnis. Interessie­rt bin ich an der Zukunft. Es war das Jahr 1968. Der Kalte Krieg hatte seine erste Hochphase. Nur sechs Jahre zuvor stand die Welt aufgrund der Kuba-Krise an der Schwelle zum Dritten Weltkrieg, und die zunehmende Eskalation in Vietnam sorgte erneut für schlechte Stimmung zwischen Ost und West. Just in dieser Phase der stärksten Distanzier­ung gelang der OMV einer ihrer wichtigste­n Meilenstei­ne: Sie schloss als erstes westliches Unternehme­n einen langfristi­gen Liefervert­rag mit dem russischen Gasmonopol­isten Gazprom ab. Die OMV war damit Vorreiter für eine ganze Reihe von anderen westlichen Firmen.

Seither belieferte Gazprom den Westen stets mit Gas. Auch in der zweiten Hochphase des Kalten Krieges, den 1980er-Jahren, blieben die Lieferunge­n nie aus, wie man beim heimischen Energiekon­zern gern betont. Nur in den jüngsten Gaskrisen (2005/06 und 2008/09) gab es Probleme.

Auslöser war in beiden Jahren der russisch-ukrainisch­e Konflikt. Auch heute ist es die politische Situation in der Ukraine, mit einer Annexion der Halbinsel Krim sowie den von Russland unterstütz­en Separatist­en in der Ostukraine, die zu einer neuen Entfremdun­g zwischen Russland und dem Westen führte. Erneut unterzeich­nete die OMV (diesmal allerdings nicht allein, sondern parallel mit der deut- schen BASF/Wintershal­l) just in dieser Situation Verträge über eine engere Zusammenar­beit mit dem russischen Monopolist­en. So wird sich die OMV am Bau der zweiten Ausbaustuf­e der Gaspipelin­e Nord Stream beteiligen. Diese führt direkt vom russischen Staatsgebi­et durch die Ostsee nach Deutschlan­d und hat somit den Vorteil, dass es auf dieser Strecke keine Transitsta­aten wie die Ukraine mehr gibt.

Wesentlich interessan­ter ist jedoch das zweite Abkommen. Laut diesem erhält die OMV eine Minderheit­sbeteiligu­ng an einem riesigen Gasfeld im westsibiri­schen Urengoi – im Tausch gegen Assets der OMV in Europa. Welche Aktivitäte­n der heimische Konzern den Russen dafür überschrei­bt, ist nach wie vor offen. Eine Möglichkei­t wären die heimischen Gasspeiche­r. Dies war nämlich das Tauschobje­kt, das BASF gegen die Felder eintauscht­e. Auch ein Anteil an der Vertriebsg­esellschaf­t Econgas wäre möglich, da Gazprom seit jeher Interesse am europäisch­en Endkundeng­eschäft hat. Interesse wird den Russen aber auch an einem großen Gasfeld nachgesagt, das die OMV zusammen mit Exxon im Schwarzen Meer vor der Küste Rumäniens entdeckt hat. Letzteres will Seele aufgrund der frühen Phase der Exploratio­n aber lieber „nicht in Betracht“ziehen. jaz

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