Mit ruhigem Puls und flinkem Zeigefinger »Schieße gern, könnte aber niemals Jäger sein«
Der Salzburger Wurfscheibenschütze Sebastian Kuntschik räumt mit Vorurteilen auf, er hegt und pflegt seine Flinte, ist aber trotzdem kein Waffennarr. Der Sportschütze schwärmt, in Rio 2016 erfüllt sich sein Traum.
Für die einen ist es Tontaubenschießen mit einem Schrotgewehr. Andere sehen einen Präzisionssport mit einer Flinte. Für Kenner ist Skeet hingegen ein populärer olympischer Sport, befreit von jeglichem Jägerjargon. Das Ziel sind Wurfscheiben, die Waffe ein gehegtes, wohl gepflegtes Arbeitsgerät. Diese Disziplin genießt jedoch militärischen Drill: Eine Serie, derer gibt es bei Wettkämpfen acht, wird mit 25 Wurfscheiben geschossen. Pro Scheibe nur ein Schuss, die Waffe bleibt zumeist in Richtung Schussfeld gehalten. Nach Abruf bleiben drei Sekunden bis zum Abdrücken. Ein Hauch Wildnis bleibt doch gewahrt, der Zufallsgenerator entscheidet über Zeit und Auswurf.
Es sind viele Eindrücke über Begriffe wie Hoch- und Niederhaus, einen Bewerb mit 125 Scheiben (Damen 75), rauchende Gewehre und die Begeisterung aller Aktiven. Bei Olympia ist Skeet seit 1968 im Programm und ein Publikumsmagnet, besonders beliebt im russischen und arabischen Raum, laut Insidern von Amerikas Waffenlobby überhaupt erst ins Spiel gebracht. Es gibt aber auch einen Österreicher, der durchaus in der Weltspitze mitschie- ßen kann. Der Oberndorfer Sebastian Kuntschik, 27, ist die Nummer drei der Weltrangliste und hat das Olympia-Ticket für Rio 2016 ergattert. Ein prickelndes Hobby. Bei der WM in Lonato lief es nun keineswegs nach Wunsch für den Sohn eines Salzburger Formel-1-Doyens und der Besitzerin eines Haushaltswarengeschäfts. Kuntschik wurde nur 53., ihm gelangen in der Qualifikation 117 von 125 mögli- chen Treffern. „Was soll’s“, sagte der Oberndorfer, „beim nächsten Mal wird es besser laufen.“Er erinnerte sich an seine Anfänge, damals habe ihn ein Bekannter zum Schießplatz nach Weitwörth mitgenommen. Dass er erst zwölf Jahre alt war, ist eine wichtige Randnotiz. Ihm taugte es auf Anhieb. „Mein Freund fragte: Gehst mit? Meine Skepsis währte nur kurz. Ich schoss sofort mit Doppelrohr, Kaliber 12. Es ist mein Hobby geblieben, super.“
Kuntschik, er liebt Eishockey und hitzige familieninterne Diskussionen dazu über alles, weiß, dass nicht jeder mit dem Schießen etwas anfangen kann respektive überhaupt will. Auch gibt es enorme Unterschiede zwischen Schrot, Luftgewehr und Kugel. Seine Eltern unterstützten ihn, neben Schule und BWL-Studium (Event- und Sportmarketing) fand er stets genug Zeit für Turniere und Trainings. Ein Beruf ist es keineswegs, auch gibt es kein Profitum. Irgendwann werde er den Familienbetrieb, den Haushalts- und Spielwarenladen der Mutter, übernehmen.
Kuntschik liebt Eishockey und familieninterne Diskussionen – und den lauten Schuss.
16.000 Schuss pro Jahr. Billig ist sein Sport keineswegs. Die Waffe (Beretta) schlägt mit 5500 Euro zu Buche, „die habe ich aber seit dem ersten Schuss“. Jedes Mal, wenn sein Zeigefinger den Abzug zieht, er tief Luft holt und zielt, kostet es 20 Cent. Pro Training sind es 175 bis 300 Schuss, eine Trainingsserie mit 25 Scheiben ist mit 7,5 Euro veranschlagt, Kuntschik wiederholt sie sieben- bis zwölfmal. Er sagt, in einem Jahr seien es 16.000 Schuss, von der Weltspitze trennen ihn also Welten. „Die Besten schießen 150.000-mal pro Jahr, also zehnmal so oft wie ich.“Für Munition und Serien kommt der Verband auf, „einen Großteil aber bezahle ich selbst“.
Schießen sei seine Welt, es verlange Konzentration, Mut, Anspannung, und Zielgenauigkeit. Durch den Sport habe er auch die Welt tatsächlich gesehen, er sei „in Bewegung“, habe neue Freunde gefunden bei Trainingslagern und Teamreisen zu diversen Weltcups.