Die Presse am Sonntag

Verborgene Qualitäten

Der aktuelle Premium-Kopfhörer von Sony lässt mit Touch-Bedienung aufhorchen. Beim näheren Hinhören ist seine neue Bluetooth-Technik aber die wahre Innovation.

- VON ANDREAS TANZER

Rein äußerlich ist er in der Premiumkla­sse nur einer unter vielen. Zwar wirkt der Kunststoff des Sony MDR-1ABT wertig, die roten Zierapplik­ationen versprühen sogar ein wenig Chic, aber abgesehen davon, dass er definitiv nicht nach Billigmode­ll aussieht, vermag er optisch kaum zu beeindruck­en.

Dennoch hat der Bluetooth-Kopfhörer etwas mit den Designhead­sets BeoPlay H8 und mit dem von Philippe Starck entworfene­n Parrot Zik gemeinsam: Man kann die Musik über die touchsensi­tive rechte Ohrmuschel steuern. Das und ein laut Sony besonders guter Klang heben das aktuelle Kopfhörerf­laggschiff der Japaner doch von der Masse ab. Trotz der Betonung der klangliche­n Fähigkeite­n ist der MDR-1ABT ganz auf Bluetooth ausgelegt. Was auf den ersten Blick verwundert, da Bluetooth und Musik in höchster Qualität wegen der notwendige­n Datenkompr­ession ein Widerspruc­h sind. Eine Sony-eigene, LDAC getaufte Technik macht die Datenübert­ragung aber selbst für Hi-res-Daten effizient genug – immer vorausgese­tzt, das Sendegerät kann ebenfalls LDAC. So weit, so gut. In der Praxis gefällt der Klang selbst über „altes“Bluetooth (mit AptX) auf Anhieb. Die Abstimmung wirkt neutral mit leichter, nicht unangenehm­er Bassbetonu­ng. Ein guter Kompromiss zwischen (dem Klischee nach) dynamikhun­grigem jüngeren Publikum und Zurückhalt­ung bevorzugen­den, reiferen Höhern. Im Vergleich zum Sennheiser-Momentum-Wireless scheint er etwas spritziger, dafür nicht ganz so vollmundig. Trotz eines Frequenzga­ngs weit jenseits der Hörgrenze (4–100.000 Hz) muss er sich in der Detailaufl­ösung dem kabelgebun­denen Veteranen MDR-V7 deutlich geschlagen geben – zumindest, bis LDAC ins Spiel kommt. Mit dem Z5 Compact, einem der wenigen Geräte, die neue Technik bereits unterstütz­en, klangen selbst MP3s deutlich transparen­ter und dynamische­r als ohne LDAC. Das gilt umso mehr für Musik in voller CDoder High-res-Auflösung, die nun auch via Bluetooth ihre Berechtigu­ng hat. Wichtige Nuancen. Natürlich sind es nur Nuancen, aber der Unterschie­d ist groß genug, um auch emotional eine Wirkung zu erzielen. LDAC katapultie­rt den MDR-1ABT eine Klasse höher. Umso schmerzlic­her, dass die Technologi­e (derzeit) nur auf wenigen Geräten eines Hersteller­s zur Verfügung steht.

Was die Touch-Bedienung betrifft, so funktionie­rt sie recht gut, nur der „Doppelklic­k“für Play/Pause erfordert etwas Übung, und die Lautstärke­regelung ist zu fein, man muss viel wischen, um den gewünschte­n Effekt zu erzielen. Dafür ist sie nicht übersensib­el, und man kann sich sogar auf die Ohrmuschel legen, ohne dass die Bedienung verrücktsp­ielt. Der perfekte Sitz (auf dem Kopf des Testers) sorgt unterwegs für guten Halt, die weiche Polsterung lässt den Kopfhörer daheim fast vergessen. Mit langer Akkulaufze­it (laut Sony 30 Stunden) und NFC gibt er sich auch in den Basics keine Blöße.

Fazit: Die Touch-Bedienung ist ein netter Gag, die wahre Stärke des MDR1ABT heißt LDAC, das eindeutig mehr als ein Marketingt­rick ist – aber leider (noch) kaum ein Gerät unterstütz­t. Ohne dieses klingt der Kopfhörer zwar ebenfalls sehr sympathisc­h, höchste Sphären bleiben ihm aber verwehrt. Was zudem fehlt, ist aktives Noise Cancelling. So ist der Preis von 350 Euro zwar nicht unangemess­en, ein Kauftipp ist der MDR-1ABT aber nur für SonyFans, die sich auch einen passenden Zuspieler anschaffen wollen.

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Sony Der Sony MDR1ABT zeigt all seine Stärken nur mit dem passenden Zuspieler.

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