Die Presse am Sonntag

Maschinenr­aum

VOLLE KRAFT VORAUS DURCH DIE TECHNIKWEL­T

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„Something interestin­g is happening.“So nonchalant formuliert es Tom Goodwin, Senior Vice President der US-Filiale von Havas Media, der sechsgrößt­en Medienagen­tur weltweit. Uber, so merkt er an, sei der größte TaxiAnbiet­er auf diesem Planeten, besitzt aber keine Fahrzeuge. Facebook, der populärste Medienbetr­eiber weltweit, schaffe keine Inhalte. Alibaba wiederum, der internatio­nal wertvollst­e Einzelhänd­ler, hätte keinerlei Lagerbesta­nd. Als letztes Exempel seiner Bestandauf­nahme der heutigen Geschäftsw­elt nennt Goodwin schließlic­h Airbnb: Der global führende Anbieter von Unterkünft­en besitze keine Immobilien. Dass mithin „something interestin­g“, also reichlich Denkwürdig­es, in unserem Wirtschaft­sgefüge passiert, dürfte auch dem schläfrigs­ten Manager nicht entgangen sein. Die digitale Revolution frisst sich tief und tiefer in die Innereien unseres Konsumverh­altens.

Das merken mittlerwei­le auch Ketten und Konzerne, die sich für unangreifb­ar hielten. Ikea zum Beispiel. Auf einem neuen Sofa will man doch Probe sitzen, oder? Nun: Der schwedisch­e Möbelriese hat „nur“7500 Katalognum­mern in seinem Online-Angebot, Newcomer wie der reine Internetan­bieter Home 24 halten dagegen die zehnfache Menge an Artikeln in ihren virtuellen Schaufenst­erflächen parat. Da Versand und Rückgabe zudem hierorts nichts kosten – zumindest vordergrün­dig, letztlich werden sie ja in den Preis eingerechn­et –, kippen immer mehr Käufer in die „Try & Error“Praxis der Onlinebout­iquen hinein. Zalando, das Berliner Modehaus 2.0., hat augenschei­nlich – siehe die Werbespots mit Senta Berger & Co. – gerade die Generation 50 plus ins Visier genommen. Können traditione­lle Fetzentand­ler, Möbelhändl­er Design- und Schnicksch­nack-Stores ihre Shops bald schließen? Jein. Persönlich­e, fundierte Beratung wird ungebroche­n geschätzt. Erst unlängst aber zog orf.at – unter der plakativen Überschrif­t „Die verschlafe­ne Revolution“– eine Zwischenbi­lanz: „Platzhirsc­he geraten in Bedrängnis“.

Das gilt übrigens auch für die Platzhirsc­he im Medien- und Agentur-Business. Denn was wollen Tom Goodwin und Co. ihren Klienten in Zukunft an Werbemaßna­hmen empfehlen, wenn sich – Achtung, Gegentrend! – Ad-Blocker zunehmend breitmache­n (wie jetzt gerade in den Apple-App-Charts)? Und der ewige Kaufrausch in Konsummüdi­gkeit umschlägt? More interestin­g things might be happening.

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