Die Presse am Sonntag

Die Jäger der verlorenen

360 Grad Österreich. Die einen hoffen, schnell reich zu wer©en, ©ie Żn©eren wollen Geschichte ©okumentier­en: von Son©eng´ngern, SchŻtzsuch­ern un© HoããyŻrch´ologen.

- VON NORBERT RIEF

Er war an diesem Tag schon 20 Kilometer gegangen. Seine Füße taten ihm weh, die ledernen Schnürschu­he mit den Dutzenden kleinen Metallstif­ten auf den Sohlen schnitten in sein Fleisch. Das Maultier, das den Carrus, den Gepäckwage­n, zog, blieb immer wieder stehen. Es war genug für heute. Einen Tag noch, dann sollte Vindobona, das irgendwo im Osten hinter diesem dichten Wald lag, erreicht sein.

Doch Gaius schaffte es nie bis in das Legionslag­er am Donaulimes. In der Nacht wurde er von Straßenräu­bern, von denen es in der Provinz Noricum viele gab, überfallen und getötet. Sein Leichnam wurde abseits der Straße verscharrt, die Habseligke­iten, die keinen Wert hatten, im Wald verstreut, das Maultier samt Wagen mitgenomme­n.

„Beep, beep, beep“, macht viele Jahrhunder­te später der Metalldete­ktor von Peter K. „Es kann sich so zugetra- gen haben“, sagt der 43-Jährige. „Hier“, er deutet auf einen Streifen im Wald, „ging die Römerstraß­e durch, und wer weiß, was sich damals alles abgespielt hat.“Mit dem tellerförm­igen Fühler der Sonde umkreist er den Waldboden. „Wenn jemand auf dem Weg gestorben ist, hat man ihn neben der Straße bestattet. Meist mit ein paar Beigaben.“

„Beep, beep“, macht das teure Gerät. „Man findet immer wieder etwas. Meistens Schrott, aber hin und wieder ist doch etwas Interessan­tes darunter.“Wie die Münze aus der Römerzeit, die er vor einigen Jahren gefunden hat. „Das war schon etwas.“

Peter K. will nicht, dass man allzu genau beschreibt, wo er sucht. „Westlicher Wienerwald passt gut“, meint er. Die, die sich auskennen, würden eh wissen, wo es ist. „Aber wir wollen nicht die hier haben, die sich beim Conrad um 100 Euro eine Sonde kau-

»MŻn fin©et immer wie©er etwŻs im Bo©en. Meistens ist es nur Schrott.«

fen und dann alles kaputtmach­en.“Etwa bei den Hügelgräbe­rn, die für ihn tabu seien. „Aber dort findet man natürlich immer etwas.“

K. will auch nicht mit Namen in der Zeitung stehen, weil die Münze – „na ja, eigentlich hätte ich sie melden müssen“. Hat er nicht. Er hat sie auf eBay verkauft und „ein paar hundert Euro“dafür bekommen. „Von dem habe ich mir eine bessere Sonde gekauft.“

Für Peter ist das „Sondeln“ein Hobby, das „mich fasziniert, weil man so viele Geschichte­n findet“. Mitten im Wald einen Ehering, Metallteil­e aus der Römerzeit, ein amerikanis­ches Militärabz­eichen, einmal ein Bajonett aus dem Zweiten Weltkrieg – „hinter jedem Fund steckt eine Geschichte. Was macht zum Beispiel der Ehering mitten im Wald?“Vom großen Schatz – „von dem träumt man natürlich auch“.

Und nicht nur K. Etwas Schlimmere­s hätte der österreich­ischen Archäologi­eszene gar nicht passieren können, als der Fund eines Zuges aus der NaziZeit in Polen, angeblich voll mit Gold und Edelsteine­n. „Solche Meldungen treiben auch bei uns viele Menschen hinaus in die Wälder und auf die Wiesen“, sagt Bernhard Hebert, Leiter der Abteilung für Archäologi­e im Bundesdenk­malamt. „Das sind

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