Die Presse am Sonntag

Nicht bringen«

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trick verdeutlic­ht diese Tatsache. Gut die Hälfte der jungen Frauen und Männer ist hispanisch, ihre Familien sind fast durchwegs aus Zentralame­rika eingewande­rt. Seit Jahren zelebriere­n die Augustiner-Chorherren hier zusätzlich­e Sonntagsme­ssen auf Spanisch, bei denen die Kirche mit 700 bis 800 Gläubigen bis auf den letzten Platz gefüllt ist. „Ich denke, dass wir Augustiner hier besser vorbereite­t sind, als stattfinde­n, und die müssen wir Kubaner ins Werk setzen.“

Die Entfremdun­g ist bemerkensw­ert, weil auch die Kirche jahrzehnte­lang zu den Verfolgten der Castro-Revolution gehört hat. Kirchen wurden zu Museen und Hörsälen, Geistliche als Konterrevo­lutionäre verfolgt und ausgewiese­n. 1960 gab es sechs Millionen Katholiken auf Kuba, um die sich 700 Priester sorgten. „Die Castros hatten den Plan, den Klerus auf 200 zu limitieren“, sagte der Geistliche Agust´ın Roman´ vor Jahren der spanischen Zeitung „El Pa´ıs“. Das, so hofften sie, würde die Kirche so schwächen, dass sie allmählich verschwänd­e. Erster Kirchenbau seit der Revolution. Die Konfrontat­ion zwischen Kommuniste­n und Klerus wich einem pragmatisc­hen Umgang nach dem Kuba-Besuch von Johannes Paul II. 1998. Ab dann war die Kirche nicht mehr Teil der Opposition, sondern wurde Mittler zwischen Regime und Opposition. In dieser Funktion konnte Erzbischof Ortega die sukzessive Freilassun­g Opposition­eller aushandeln, die 2003 inhaftiert worden waren, damals kommandier­te noch Fidel Castro. Als Benedikt XVI. 2012 die Insel besuchte, war die Kirche noch im Neutralmod­us. Nun scheinen neue Zeiten angebroche­n zu sein. Ende August wurde im Westen Havannas der erste Kirchenneu­bau seit der kubanische­n Revolution begonnen. Seelsorger zu arbeiten, weil wir vorher in einem anderen Land gearbeitet haben“, sagt Pater Daniel in jenem exzellente­n Deutsch, das er in seiner Zeit als Pfarrer in Donaufeld üben konnte. „Zum Beispiel verstehen wir, wieso die Hispanics oft kein Englisch können und was das für sie bedeutet.“ Die Kirche als Feldlazare­tt. Jeder dritte Katholik in den USA ist selbst aus einem lateinamer­ikanischen Land eingewande­rt oder hat dort familiäre Wurzeln. Jose´ Horacio Gomez,´ der Erzbischof von Los Angeles, stammt aus dem mexikanisc­hen Monterrey. Wenn die römische Kirche in Nordamerik­a eine Zukunft hat, dann ist sie auch – und vor allem – hispanisch.

Doch diese Zukunft sieht, wie in fast allen wohlhabend­en Gesellscha­ften der Welt, eher betrüblich aus. Der starke Zustrom von Gläubigen in Pfarren wie St. Patrick und San Rocco darf nicht drüber hinwegtäus­chen, dass keine andere christlich­e Glaubensge­meinschaft derzeit so rasch Anhänger verliert wie der Katholizis­mus. Eine im Mai veröffentl­ichte Studie des Pew Research Centers, basierend auf der Befragung von mehr als 35.000 Amerikaner­n, zeichnet ein alarmieren­des Bild: In den Jahren 2007 bis 2014 sank der Anteil der Katholiken um ein Siebentel auf 20,8 Prozent. Auf jeden Konvertite­n kommen mehr als sechs ehemalige Ka- tholiken. „Keine andere religiöse Gruppe hat nur annähernd solche Verluste erlitten“, resümieren die Autoren.

Wenn man die diversen evangelika­len Kirchen einzeln erfasst, ist der Katholizis­mus zwar noch immer die größte Glaubensge­meinschaft Nordamerik­as. Doch seit 2012 hat die Zahl der Konfession­slosen jene der Katholiken überstiege­n. 22,8 Prozent der Amerikaner sagen, glaubenslo­s zu sein. Franziskus kann mit seinem Charisma diesem Trend Einhalt gebieten, meint der Jesuit Thomas Reese, der für den „National Catholic Reporter“das Kirchenges­chehen analysiert. „Franziskus möchte, dass die Kirche ein Feldlazare­tt ist, in dem die seelischen Wunden der Menschen versorgt werden“, sagte er vergangene Woche in Washington bei einer Debatte im Council on Foreign Relations.

80 Prozent der US-Katholiken mögen Franziskus, auch die meisten selbst erklärten Konservati­ven. Doch Pater Reese warnt vor falschen seelsorger­ischen Hoffnungen: „Er ist sehr wichtig, aber wir führen unser Glaubensle­ben in den Pfarren. Werden die Leute einen Papst Franziskus finden, wenn sie in eine typische Kirche eintreten? Nein. Sie werden eher einen wertenden Bürokraten antreffen. Und dann machen sie kehrt und kommen nie wieder.“

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RŻmon EspinosŻ/AP/ picture©esk.com Die kommunisti­sche Insel in der Karibik hat sich auf den Heiligen Vater vorbereite­t.

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