Amerikanische Premiere für den Heiligen Vater
Der erste Besuch von Papst Franziskus in den USA führt ihn in ein Land, in dem alle christlichen Kirchen Gläubige verlieren – und der Katholizismus besonders viele. Dessen Zukunft ist dort hispanisch: sprachlich, kulturell und in der Frage, welche Schwerp
An einem strahlend sonnigen Samstag im April stehen in der Pfarrkirche St. Patrick in der Kleinstadt Glen Cove auf Long Island (New York) 63 Jugendliche vor dem bisher wichtigsten Schritt ihres religiösen Lebens. Die Kirchenbänke bei dem Firmgottesdienst sind bis auf den letzten Platz gefüllt, aus dem Stift Klosterneuburg ist eigens Abtprimas Bernhard Backovsky, der höchste Repräsentant der Augustiner-Chorherren, angereist, um die Messe zu leiten. Klosterneuburg ist nah. St. Patrick, einst das Gotteshaus der örtlichen irischen Einwanderer, wird seit ein paar Jahren von den Augustiner-Chorherren aus Niederösterreich geführt, ebenso San Rocco, die nahe gelegene zweite Pfarrkirche. Dass es in dieser überschaubaren Gemeinde, eine Stunde Autofahrt von Manhattan entfernt, zwei Pfarren gibt, liegt an hässlichen Spannungen, die vor rund 80 Jahren aufkamen, als die irischen Gemeindemitglieder den neu ankommenden italienischen Einwanderern den Zugang zu ihrem Gotteshaus verweigerten. „Aber das hat sich glücklicherweise geändert“, erzählt Pater Daniel Stephen Nash beim anschließenden Lunch in seinen Wohnräumen. Wie brachte man zerstrittene Italiener und Iren zusammen? „Sehr amerikanisch: We’re a family. Get over it“, schmunzelt er.
Eine Familie mit einander zutiefst fremden Mitgliedern, die sich zum ge-
Prozent
Katholiken in der Bevölkerung der USA
Prozent
Anteil der Konfessionslosen
Prozent
Anteil der Latinos an der katholischen Kirche in den USA
Verhältnis
Auf jeden USKonvertiten zum Katholizismus kommen sechs ehemalige Katholiken. meinsamen Besseren zusammenraufen muss: So kann man generell die römisch-katholische Kirche in den USA beschreiben, die Papst Franziskus diese Woche zum ersten Mal in seinem Leben persönlich kennenlernen wird. Nach seiner Ankunft am Dienstagnachmittag auf dem Luftwaffenstützpunkt Andrews nahe Washington wird der Heilige Vater bis kommenden Sonntag vor hunderttausenden Gläubigen Messen in der Hauptstadt, im Madison Square Garden von New York und auf dem Weltfamilientreffen in Philadelphia feiern. Er wird Präsident Barack Obama im Weißen Haus treffen und vor beiden Kammern des US-Kongresses eine Rede halten.
Schon am Mittwoch wird der Papst vor der östlichen Pforte der Washingtoner Basilika den Gottesdienst anlässlich der Heiligsprechung des Missionars Jun´ıpero Serra leiten, und er wird dies vor 25.000 Gläubigen ausschließlich auf Spanisch tun. „Das ist absolut angemessen, denn schließlich war Spanisch Serras Sprache, und sie ist auch die Sprache der meisten Katholiken in Amerika“, sagt Robert Senkewicz, Historiker an der Santa Clara University in Kalifornien. Im Jänner
Der Papst setzt mit der Heiligsprechung von Jun´ıpero Serra ein politisches Zeichen.
hatte Franziskus auf die Voraussetzung eines zweiten, auf Serra zurückzuführenden Wunders verzichtet. Das sei eine politische Entscheidung gewesen: „Der Papst versucht damit, die nicht weiße, lateinamerikanische Natur des Katholizismus zu unterstreichen, den Umstand, dass er stets multi-ethnisch war.“
Ein Blick in die Reihen der 63 Firmlinge von St. Pa-