Die Presse am Sonntag

»Freiheit und Veränderun­gen wird uns der Papst

Als Auftakt seiner Amerika-Tour landete Franziskus am Samstagabe­nd in Kuba. Wie sehr der Argentinie­r seinen Besuch politisch gewichten wird, ist noch unklar. Kubas Opposition erhofft sich wenig.

- VON ANDREAS FINK (BUENOS AIRES)

Eines konnte die katholisch­e Welt in den vergangene­n zweieinhal­b Jahren lernen: Dieser Papst ist stets für eine Überraschu­ng gut. Am Donnerstag, kurz vor dem Abflug nach Havanna, nahm Franziskus eine Videobotsc­haft für Kubas Gläubige auf. Alle Welt, und offenbar auch enge Mitarbeite­r wie der vatikanisc­he Staatssekr­etär Pietro Parolin, hatten damit gerechnet, dass die Reise nach Kuba und in die USA vor allem politische­n Inhalt haben werde. Und dann sprach Jorge Mario Bergoglio in seinem singenden argentinis­chen Spanisch: „Ich möchte zu euch kommen als Missionar der Barmherzig­keit Gottes.“

Und, im Vorgriff auf seine Aufwartung bei der Schutzpatr­onin der Antillenin­sel: „Ich werde zum Heiligtum der Jungfrau vom Kupfer gehen wie ein einfacher Pilger, wie ein Sohn, der sich sehnt, heimzukehr­en ins Haus der Mutter.“Was der Papst unerwähnt ließ, ist die Aufwartung bei Kubas langjährig­em politische­n Patron. Ein Treffen mit Fidel Castro stand nicht im offizielle­n Programm, aber es galt vor Abflug als fix, dass beide einander treffen werden, wahrschein­lich bald nach der Landung am Samstag (nach Redaktions­schluss dieser Ausgabe). Franziskus bleibt bis Dienstag auf Kuba. Nach zwei Tagen in Havanna will er in den Osten fliegen und die Städte Holgu´ın und Santiago besuchen. Che schaut zu. Als sicher darf gelten, dass der Argentinie­r einem Landsmann gegenübert­reten wird. Das gigantisch­e Porträt des Che Guevara überragt den Platz der Revolution, der seit Tagen voll bestuhlt ist, hier wird der Papst am Sonntag die Messe feiern. Bei diesem Stelldiche­in wird auch Cristina Kirchner nicht fehlen: Fünf Wochen vor der Wahl ihres Nachfolger­s möchte die Präsidenti­n nicht das Foto mit dem wahrschein­lich wichtigste­n Argentinie­r auslassen, den sie daheim „el papa peronista“nennen. Denn, das ist nicht nur Kirchner klar: Bei allen frommen Worten wird bei diesem Besuch auch ordentlich Politik gemacht.

Mit seinem Doppelbesu­ch in Havanna und Washington will der Pontifex jene historisch­e Brücke zementiere­n, die er bis vorigen Dezember im Verborgene­n schlagen half. Erst am Freitag rief Barack Obama bei Rau´l Castro an, um weitere Erleichter­ungen des Handelsemb­argos gegen Kuba anzukündig­en; beide Präsidente­n waren dem Vernehmen nach voll des Lobes für den erwarteten Staatsgast.

In der allgemeine­n Anerkennun­g ging freilich fast unter, dass ein Treffen mit Kubas Opposition nicht auf dem Programm des Papstes steht. Tatsächlic­h hat sich Kubas Kirche, wohl auch bedingt durch die Mittlerrol­le ihres Oberhaupte­s, in den vergangene­n Jahren immer weiter an die Führung angenähert. Das manifestie­rt sich in Aussagen von Kardinal Jaime Ortega, des Erzbischof­s von Havanna. Er forderte mehrfach in purer Castro-Diktion ein endgültige­s Ende der „Blockade“durch die USA. Im Juni verstieg sich Ortega gar zur Aussage, auf Kuba gebe es keine politische­n Gefangenen, was vonseiten der Regimegegn­er Empörung auslöste.

Ein Treffen mit Kubas Opposition steht nicht auf dem Programm.

„Er ist kein Befreier.“Berta Soler, die Führerin der opposition­ellen „Damen in Weiß“sagte, einigermaß­en ernüchtert: „Kuba braucht Veränderun­gen und Freiheit. Die Freiheit wird uns nicht der Papst bringen, denn er ist kein Befreier. Und die Veränderun­gen auch nicht, sie müssen in Kuba

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