Haftet Facebook für Hetze?
In ©er Theorie entfernt FŻceãook Hasspostings, in ©er PrŻxis funktioniert ©Żs kŻum. Nun soll ©Żs soziŻle Netzwerk juristisch in ©ie Pflicht genommen wer©en.
Kann Facebook für die Inhalte, die User online stellen, haftbar gemacht werden? Bis jetzt gibt es dazu – anders als für traditionelle Medien – keine Rechtssprechung. „Als Medieninhaber muss man gegen strafrechtlich Relevantes vorgehen“, sagt „Profil“-Journalist Michael Nikbakhsh. „Es ist eine interessante Rechtsfrage, inwieweit auch Facebook in die Pflicht genommen werden kann.“
Im Zuge der Diskussion um hetzerische Postings gegen Asylwerber bekommt die Frage neue Relevanz. Nikbakhsh hat daher gemeinsam mit einem Freund, dem Innsbrucker JusStudenten Matthias Holzmann, Anzeige eingebracht. Zum einen gegen 15 Facebook-Nutzer, die auf besonders eindringliche Art zu Gewalt gegen Flüchtlinge und Muslime im Allgemeinen aufgerufen haben. Zum anderen gegen Facebook selbst – wegen Beitragstäterschaft zur Verhetzung. Nikbakhsh und Holzmann meldeten die Hasspostings auf Facebook nämlich, der Konzern hatte also Kenntnis davon, bis auf zwei blieben sie aber alle online. „Wir haben den von dir wegen Hassbotschaften und -symbolen gemeldeten Kommentar geprüft und festgestellt, dass er nicht gegen unsere Gemeinschaftsstandards verstößt“, war Facebooks Standardantwort. Beitragstäterschaft. Nikbakhsh und Holzmann sind nicht die Ersten, die Facebooks argloser Umgang mit hetzerischen Postings irritiert hat. Im Internet wird heftige Kritik am Konzern geübt, auch Justizminister Brandstetter und sein deutscher Amtskollege, Heiko Maas, wollen Facebook bei Hasspostings in die Pflicht nehmen. Die Anzeige, die Nikbakhsh und Holzmann eingebracht haben, könnte den Konzern zum Handeln zwingen. „Wir sehen bei Facebook eine Sonderform der Täterschaft: Beitragstäterschaft durch Unterlassen“, sagt Holzmann. Facebook gebe in seinen AGB an, Nutzerdaten zu kontrollieren, erklärt er. In der Theorie entfernt Facebook auch „sämtliche Hassbotschaften“, die Personen etwa wegen ihrer ethnischen Zugehörigkeit, Religion oder sexuellen Orientierung angreifen. „Damit geht eine Pflicht einher. Facebook müsste, wenn es wilde Hasspostings entdeckt, auch die Verantwortung dafür übernehmen, sie löschen oder an die Behörden weitergeben.“
Die Staatsanwaltschaft Innsbruck muss nun entscheiden, ob sie ein strafrechtliches Verfahren nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz („Unternehmensstrafrecht“) gegen Facebook eröffnet. Wie so ein Verfahren ausgehen könnte, kann Holzmann, der das Thema auch in seiner Diplomarbeit behandeln will, nicht sagen. Niemand hätte bisher versucht, strafrechtlich gegen Facebook vorzugehen. Ein Schuldspruch wäre ein Präzedenzfall: Facebook müsste dann für die Inhalte seiner User haften und auf jedes Hassposting, das gemeldet wird, reagieren – zumindest in Österreich. Ausländische Gerichte würden sich am Urteil aber wohl ein Beispiel nehmen, glaubt Holzmann: „Das wird sicher ein Role Model.“