Von fetten Bikes und alten Brettern: Die Trends im Wintersport
Während Skifahren als Massensport immer mehr zurückgeht, wird im Schnee nun auch gesurft.
Nachzudenken betreibt: Fast niemand trägt einen Helm, acht von zehn Rodlern haben bei der Befragung des KFV angegeben, sie hätten ihre Gerät nicht immer unter Kontrolle, ein-, zweimal stürzt jeder Rodler an einem Tag, und die Tatsache, dass sich 20 Prozent aller Unfälle, die im Spital enden, nach 17 Uhr ereignen, hängt wohl auch damit zusammen, dass zuvor eine Hütte besucht worden ist. International hätten Studien ergeben, dass etwa jeder zwanzigste Rodler alkoholisiert ist. Zahl der Bahnen steigt „exorbitant“. Das KFV rät vom Alkohol freilich ab – oder zumindest dazu, eine Stirnlampe aufzusetzen, bevor man nachts durch einen Wald fährt. Dabei werden die beleuchteten Nachtrodelbahnen ohnehin mehr – genauso wie die kilometerlangen präparierten Naturrodelbahnen in den Skigebieten. Deren Zahl „steigt exorbitant“, sagt Bielowski. In jedem größeren Skigebiet gebe es mittlerweile solche Bahnen, die teilweise, analog zu Skipisten, nach Schwierigkeit klassifiziert sind, auch ein Gütesiegel gibt es in Tirol und der Steiermark bereits.
In Österreich, so Bielowski, gibt es mittlerweile 700 bis 800 Sportvereine, in denen Rodeln betrieben wird. Der Verband plant, in Schulen zu gehen, um die Kindern Rodeln zu lehren. Denn, wenn man, mit einer Geschwindigkeit irgendwo zwischen 15 und 70 km/h, überraschend schnell den Berg hinuntersaust, dann glaubt man ihm tatsächlich, dass für den vermeintlichen Kinderspaß ein bisschen Technik wohl nicht schaden kann. Es waren ernsthafte Revierkämpfe und und fast ideologische Fragen, die sich da vor zehn, 15 Jahren noch aufgetan haben: Ski oder Snowboard? Mittlerweile aber teilen sich längst nicht mehr nur Skifahrer und Boarder die Pisten – heute gehen Wintersportler mit allerlei Gerätschaft in die Berge, und es kommen stetig neue dazu. Einer der jüngsten Trends: die Fatbikes. Der Name sagt es, die Reifen dieser Räder sind extra dick und bis zu zwölf Zentimeter breit. Sie wurden eigentlich für den Strand entwickelt, weil man damit aber auch im Schnee nicht einsinkt, ist Fatbiken nun so etwas wie die abenteuerliche Alternative zum Langlaufen oder Schneewandern. In Ramsau etwa gibt es seit voriger Saison geführte FatbikeTouren auf Winterwanderwegen oder Forststraßen. Im Schweizer Gstaad findet kommendes Wochenende das Snow-Bike-Festival statt – und damit soll Mountainbiken, dank der Fatbikes, endgültig im Wintersport ankommen. Mit Rad und Board durch den Schnee. Noch ein (früherer) Sommersport, der sich im Schnee breitmacht, ist das Wellenreiten. Besonders waghalsige Pioniere versuchen sich seit einiger Zeit am Snowsurfing. Das ist quasi wie Snowboarden im Pulverschnee, aber ohne Bindung – auch Powdersurfing genannt. Damit wollen sich die Snowboarder wieder zurück zu den Wurzeln ihres Sports begeben – denn das Boarden ist schließlich schon seit Jahren wieder etwas ins Hintertreffen geraten.
Die Trends gehen in eine andere Richtung. Ein solcher ist auch das Snowbraken: Das ist quasi die wilde Version des konventionellen Rodelns, bei der man mit einem speziellen Schlitten mit extrabreiten Kufen, die eher Skiern ähneln, in Richtung Tal fährt – das funktioniert auf Rodelbahnen genauso wie im freien Gelände im Tief- oder Neuschnee. Weswegen man das Snowbraken dann auch mit einer Schneeschuhwanderung verbinden kann. Nur noch jeder Dritte fährt Ski. Ist Skifahren angesichts dieser jungen Sportarten nun bald endgültig Schnee von gestern? Noch nicht ganz, wenn man in die Skigebiete schaut. Trotzdem, Freizeitforscher Peter Zellmann vom Institut für Freizeit und Tourismusforschung beobachtet seit Jahren einen „allgemeinen Ausstieg“vom Skisport: Entgegen aller Mythen ist Skifahren kein Nationalsport mehr, zwei Drittel der Bevölkerung fahren mittlerweile überhaupt nie Ski, in den 1980er-Jahren (und bis in die 1990er-Jahre) hat erst jeder Zweite den vermeintlichen Nationalsport komplett verweigert. Auf Skiurlaub fahren heute überhaupt nur mehr 15 Prozent der österreichischen Familien, so die Forschungsergebnisse: „Skiurlaub war immer schon relativ teuer und auf die obere Mittelschicht und Oberschicht beschränkt“, so Zellmann. Vor allem als regelmäßig ausgeübte Sportart (da geht es vor allem um das Ausflugsgeschäft) hat Skifahren über die vergangenen Jahre verloren: Zellmanns Zahlen nach gehen in der Saison nur vier Prozent der Österreicher regelmäßig Ski fahren, 1987 waren es noch 13 Prozent. Die hohen Kosten – heuer wurde in einigen Skigebie- der Österreicher sind 2014 nie auf Skiern gestanden, das geht aus dem Sportmonitor des Instituts für Freizeit und Tourismusforschung hervor. Vor 20 Jahren hat nur jeder zweite Österreicher das Skifahren verweigert. betreiben Skifahren als ihren regelmäßigen Alltagssport. 1987 waren das noch 13 Prozent. Skifahren verlagert sich zunehmend von Ausflügen auf Urlaube. ten die 50-Euro-Marke für einen Tagespass geknackt, seien aber nicht allein am Rückgang schuld. Die wahren, komplexeren Gründe seien auch die abnehmende Lust am Skilauf und der Mangel an Nachwuchspflege, etwa die Abschaffung der Schulskikurse – in den 1980er-Jahren sind jedes Jahr noch 180.000 Schüler auf Skikurs gefahren, bis heute ist die Zahl auf ein Drittel gesunken. Dazu kommt der Rückbau von Skigebieten in Nähe der Ballungszentren etc. „Zu teuer“sei jemandem das Skifahren erst, wenn es ihm auch nicht mehr wichtig sei, so Zellmann. Tourengeher als Alternative? Skitourengehen gilt zwar seit Jahren als Trend – vor allem für jene, denen das Skifahren zu hektisch oder zu teuer geworden ist, und die so ihr Naturerlebnis im Schnee suchen. Beim Tourengehen, so Zellmann, müsse man zwischen jenen, die neben einer Piste hinaufgehen und diese hinunterfahren, und jenen, die tatsächliche Touren im hochalpinen Gebiet gehen, unterscheiden. Bei Ersteren lässt sich eine starke Zunahme beobachten. Die anderen blieben trotz des Trends eine kleine Randsportgruppe. An manchen Orten aber können die Tourengeher das Geschäft mit dem Skifahrern fast ersetzen. Nachdem sich etwa im Tiroler Skigebiet Sattlbergalm (wie in vielen kleinen Skigebieten) der Liftbetrieb nicht mehr rentiert hat und schließlich eingestellt worden ist, sind mehr und mehr Skitourengeher gekommen. Mittlerweile wird allein für diese ein Teil des Geländes präpariert – und der Hüttenwirt kann davon wieder gut leben.