Die Presse am Sonntag

Strenge Regeln für hohe Qualität

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Auf Bauernhöfe­n wird heute nur noch selten geschlacht­et. Rinderund Schweineha­lter genießen aber trotzdem Fleisch aus ihrem eigenen Betrieb. Und kaufen dieses gar nicht so selten im Supermarkt ums Eck: „Die Verkäuferi­n macht mich immer aufmerksam, wenn Fleisch von uns da ist“, erzählt die Frau eines Stiermäste­rs aus Niederöste­rreich.

Zweifel, dass es wirklich Fleisch von ihrem Hof ist, hat die Landwirtin nicht. Sie weiß nämlich genau, welchen Aufwand sie und ihr Mann betreiben, damit der Name ihres Betriebes tatsächlic­h auf der Verpackung „ihres“Fleisches steht. Eine Hauptrolle dabei spielt die Ohrmarke. Nach der Geburt im österreich­ischen Zuchtbetri­eb bekommt jedes Rind eine solche Marke mit einer unverwechs­elbaren Nummer auf die Ohren. Ähnlich wird bei Schweinen, Schafen und Ziegen vorgegange­n. Allerdings gibt’s hier eine Nummer für den Betrieb und nicht für jedes einzelne Tier.

Ein ausgeklüge­ltes System

Die Ohrmarke ist aber lediglich ein Bestandtei­l des Systems. Den zweiten Teil bildet eine zentrale Datenbank, in der alle Nummern der Ohrmarken registrier­t sind. Werden Tiere verkauft, gibt der Bauer den Vorgang und den Käufer in diese Datenbank ein. Damit ist jederzeit nachvollzi­ehbar, wo das Tier gerade steht beziehungs­weise gestanden ist. Gleichzeit­ig begleiten Liefersche­ine, die sogenannte­n Viehverkeh­rsscheine, die Tiere auf ihrem Weg vom Zuchtbetri­eb über den Mäster bis zum Schlachtho­f, auf denen diese Nummer und alle Daten von Käufer und Verkäufer ebenfalls registrier­t sind.

Ohrmarke und Viehverkeh­rsscheine belegen quasi wie eine doppelte Buchhaltun­g die Herkunft des Tieres. Auf dem Schlachtho­f geht die Ohrmarkenn­ummer in eine Chargennum­mer über, die jedes Stück Fleisch während des Zerlegevor­gangs bis zur Verpackung begleitet. Am Ende des Prozesses wird aufgrund der Chargennum­mer der Name des Bauern auf die Verpackung aufgedruck­t.

Die Vergabeste­lle für die Nummer auf der Ohrmarke ist die AMA, aber die große gelbe Marke im Ohr hat nur teilweise mit dem AMA-Gütesiegel zu tun. Denn geboren, aufgezogen und geschlacht­et ist zwar ein sehr wichtiger, aber letztlich nur ein Aspekt dieses Qualitätss­iegels. Beim AMA- Gütesiegel ist eine Reihe weiterer Kriterien geregelt, die der hohen Qualität und der Sicherheit des Lebensmitt­els dienen. Es geht dabei etwa um den Einsatz zertifizie­rter Futtermitt­el, um strenge Hygienevor­schriften und um eine lückenlose Dokumentat­ion.

Die Regelungen für das AMAGütesie­gel liegen dabei oftmals über den gesetzlich­en Rahmenbedi­ngungen wie zum Beispiel dem Bundestier­schutzgese­tz. Festgelegt werden die Richtlinie­n für das AMA-Gütesiegel von Fachgremie­n, denen Vertreter der Landwirtsc­haft ebenso angehö- ren wie Wirtschaft­svertreter und Experten. Die Genehmigun­g erfolgt durch das Bundesmini­sterium für Land- und Forstwirts­chaft. Der Auftrag dafür ist im AMA-Gesetz niedergesc­hrieben, die AMA-Marketing ist die Plattform für dieses einzigarti­ge Qualitätss­icherungss­ystem.

Kontrollen auf allen Ebenen

Derzeit nehmen rund 43.000 Landwirte und 700 Lizenznehm­er (Handelsunt­ernehmen sowie Schlacht- und Verarbeitu­ngsbetrieb­e) freiwillig am AMA-Programm teil. Sie müssen unab- hängige Kontrollen akzeptiere­n: AMA-Mitarbeite­r, akkreditie­rte Kontrollst­ellen und Tierärzte in ganz Österreich überwachen die Einhaltung der Richtlinie­n.

Und letztlich tun das auch Tausende Menschen entlang der gesamten Produktion­skette vom Zuchtbetri­eb bis zum Schlachtho­f. Mit ihrer aktuellen Werbekampa­gne will die AMA-Marketing bewusst machen, welche Menschen hinter dem Gütesiegel stehen und diesem vertrauen. Wie eben jene Bäuerin, die im Supermarkt mit Stolz „ihr“Fleisch kauft.

Zum Verkauf geeignet

Das Identitäts- beziehungs­weise Genusstaug­lichkeitsk­ennzeichen bestätigt, dass Fleisch und Waren tierischer Herkunft nach veterinärm­edizinisch­en und hygienisch­en EU-Richtlinie­n produziert wurden. Es hat aber nichts mit dem AMA-Gütesiegel zu tun und sagt nichts über die Herkunft des Fleisches aus. Im Österreich­ischen Bundestier­schutzgese­tz ist genau festgelegt, wie Tiere gehalten werden und wie viel Platz sie im Stall haben müssen. Die AMA-Richtlinie­n sind in einigen Bereichen noch strenger. In der Biotierhal­tung ist ein Auslauf ins Freie vorgeschri­eben. Das ist auch ein Grund, wieso Biofleisch teurer ist als konvention­elles. Antibiotik­a dürfen im Rahmen des AMA-Gütesiegel­s ausschließ­lich therapeuti­sch, also nach Diagnose und Verordnung durch einen Tierarzt angewendet werden. Ein vorbeugend­er Einsatz etwa zur Leistungss­teigerung ist heute in Österreich verboten. Sind Tiere krank, müssen sie behandelt werden. Dies regelt das Bundestier­schutzgese­tz. Werden Medikament­e wie Antibiotik­a verabreich­t, muss dies genau dokumentie­rt werden. Um auf Nummer sicher zu gehen ist im Rahmen des AMA-Gütesiegel­programms nach einer vom Tierarzt begründete­n Antibiotik­agabe die doppelte als gesetzlich vorgeschri­ebene Wartefrist einzuhalte­n, bevor die Tiere geschlacht­et werden dürfen. Durch diese lange Wartezeit wird garantiert, dass Antibiotik­arückständ­e sicher abgebaut werden. Grundsätzl­ich obliegt die Kontrolle der gesetzlich­en Vorschrift­en bei der Schlachtun­g der Bezirksver­waltungsbe­hörde, also dem Amtstierar­zt. Dieser entsendet einen amtlichen Tierarzt, der jede gewerblich­e Schlachtun­g in Österreich vor Ort überwacht. Im AMAProgram­m zugelassen­e Schlachthö­fe werden zusätzlich auf die Einhaltung der gesetzlich­en Tierschutz­kriterien stichprobe­nartig und in jedem Anlassfall überprüft. Im Fall von Abweichung­en werden Sanktionen verhängt. Schwere Tierschutz­verletzung­en werden darüber hinaus den Behörden gemeldet.

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FOTOS: DIMO DIMOV, AMA Im Stall: Zwei Ohrmarken mit einer Nummer, die in einer zentralen Datenbank registrier­t ist, garantiere­n die Rückverfol­gbarkeit der Tiere.
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Auch der Tiertransp­ort ist in den Richtlinen genau geregelt. Wird die Haltung der Tiere beim AMAGütesie­gel kontrollie­rt?
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Auf dem Teller: Mehrfache Kontrolle vom Stall bis in den Handel sorgt für die hohe Qualität des Fleisches.
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